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Berliner Polizeibeamte bei einer Demonstration.

© dpa/Sebastian Gollnow

„Schwarz-Rot geht an Substanz der Sicherheit“: Grüne kritisieren Abbau von Ausbildungsplätzen bei Berliner Polizei

Noch schweigt die Senatsinnenverwaltung zur Streichung beim Polizei-Nachwuchs. Parallel läuft die Pensionierungswelle. Bald dürfte das zu einem stillen Personalabbau führen.

Stand:

Die Grünen warnen vor einem verdeckten Personalabbau bei der Berliner Polizei. Der Grund dafür sind Pläne, die Zahl der Studienplätze für Anwärter auf den gehobenen Dienst an Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) um bis zu 40 Prozent zu senken. Ausgerechnet unter einer schwarz-roten Koalition, die auf mehr innere Sicherheit setzt und mit schärferen Gesetzen der Polizei mehr erlauben will. Nachdem die Gewerkschaft der Polizei (GdP) die Pläne Anfang Mai erstmals publik gemacht hatte, vermeidet die Senatsinnenverwaltung jedoch klare Aussagen dazu.

In einer Antwort auf eine Anfrage des Innenexperten der Grünen-Fraktion, Vasili Franco, zur künftigen Zahl der Studienplätze weicht Innenstaatssekretär Christian Hochgrebe (SPD) aus. Er verweist lediglich auf laufende Verhandlungen mit den Senatsverwaltungen für Wissenschaft und Finanzen sowie mit der HWR. Diese seien noch nicht abgeschlossen.

Tatsächlich mussten die HWR und die Polizei für die kommenden Jahre bereits alles für ein geringeres Angebot an Studienplätzen für Polizeianwärter im gehobenen Dienst vorbereiten und planen. Doch das verschweige der Senat, sagte Franco. Statt bislang 600 sollen es künftig nur noch 360 Plätze für das Polizeistudium pro Jahr sein. Bezieht man die Ausbildungsplätze für Beamte im mittleren Dienst an der Polizeiakademie mit ein, fällt ein Fünftel der Ausbildungsplätze weg.

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„Still und heimlich kürzt die schwarz-rote Koalition die Ausbildungsplätze für die Polizei zusammen“, sagte Franco. „Der Senat hat eine Polizeigesetznovelle angekündigt, spart aber gleichzeitig bei den Basics von Sanierungen bis zum Fuhrpark“, sagte Franco. „Wenn jetzt auch noch die Ausbildungsplätze reduziert werden, droht ein faktischer Personalabbau.“

 Vasili Franco ist innenpolitischer Sprecher der Grüne-Fraktion im Abgeordnetenhaus.

© Vincent Villwock / Grüne Fraktion Berlin

40 Prozent der Plätze für ein Polizeistudium zu streichen, sei unverantwortlich, erklärte der Grünen-Politiker. „Statt der versprochenen Rückendeckung für die Polizei gehen die Pläne der schwarz-roten Koalition an die Substanz der Berliner Sicherheitsinfrastruktur.“

Zur Wahrheit gehört aber auch: Der Polizei hat zunehmend Probleme, für alle Studien- und Ausbildungsplätze ausreichend geeignete Bewerber zu finden. Parallel rollt die Pensionierungswelle mit voller Wucht. Bis 2030 geht gut ein Drittel des Personals in Pension oder Rente. Grüne und GdP warnen: Mit den geringen Nachwuchszahlen lasse sich das nicht ausgleichen. Die Folge wäre: Die Zahl der Polizisten sinkt.

Immer weniger Ausbildungsplätze können besetzt werden

Die Polizeiakademie hat für den mittleren Dienst pro Jahr 624 Ausbildungsplätze, an der HWR für den höheren Dienst sind es 600. Nur besetzt werden können sie nicht alle. 2018 waren an der Polizeiakademie 95 Prozent und an der HWR alle Plätze belegt. 2024 waren es an der Polizeiakademie nur noch 84 Prozent und an der HWR 79 Prozent.

Nach einem kleinen Aufschwung 2024 steuert die Polizei beim Nachwuchs in diesem Jahr auf einen Negativrekord zu. Im ersten Halbjahr lag die Besetzungsquote an der Polizeiakademie bei 76 Prozent, an der HWR bei 67 Prozent. Zuständig für Bewerber und Auswahl ist die Polizei selbst.

Langfristig sinkt die Zahl der Anwärter, die dann auch in den Polizeidienst übernommen werden. Denn nicht alle schaffen die Ausbildung, andere brechen ab. Von 572 Anwärtern, die seit 2021 an der Polizeiakademie waren, wurden am Ende im Jahr 2024 dann 426 übernommen – eine Übernahmequote von knapp 75 Prozent. Diese liegt bei der HWR bei 85 Prozent. Seit 2018 kamen so pro Jahr knapp 900 frisch ausgebildete Anwärter zur Polizei. Bei den aktuellen Zahlen dürften es in wenigen Jahren nur noch 700 sein.

Im Gegenzug steigt die Zahl der Polizeibeamten, die in Pension gehen oder aus anderen Gründen die Polizei verlassen. 2018 waren es noch 509, im vergangenen Jahr dann schon 747. Anhand aller Zahlen und auch wegen des Abbaus der Studienplätze an der HWR rechnet Grünen-Innenexperte Franco mit einem „faktischen Personalabbau von 100 Stellen pro Jahr“ bei der Polizei.

Die Vorgängerkoalition von SPD, Grünen und Linken hatte die Ausbildungskapazitäten mit Blick auf die Pensionierungswelle noch erhöht. „Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass die aktuellen Ausbildungszahlen nicht ausreichen, um die Abgänge in den nächsten Jahren aufzufangen“, sagt der Grüne-Politiker Franco. „Spätestens in den Haushaltsverhandlungen muss der schwarz-rote Senat sich ehrlich machen.“

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