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Abgeordnete haben ein Fragerecht - Anfragen, die sie schriftlich stellen, muss der Senat beantworten - eigentlich.

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Schwere Vorwürfe der Berliner CDU-Fraktion: Missachtet die Justizverwaltung das Fragerecht?

Die Justizverwaltung hat eine Parlamentarische Anfrage der CDU nicht beantwortet, mit Hinweis auf die Corona-Krise. Die CDU fühlt ihre Rechte verletzt.

Von Ronja Ringelstein

Die Berliner CDU-Fraktion wirft dem Senat vor, die Coronakrise zu nutzen, um parlamentarische Anfragen nicht zu beantworten, und sieht dadurch ihre Kontrollrechte massiv verletzt. „Die Demokratie darf auch in Zeiten einer Corona-Pandemie nicht ausgehöhlt werden“, sagt Sven Rissmann, rechtspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. 

"Hier wird mit einer Floskel Verfassungsrecht beschränkt"

Rissmann hatte die Senatsverwaltung nach dem „Status quo und Nachwuchs der Gerichtsvollzieher in Berlin“ befragt. Die Fragen bezogen sich etwa auf deren Alter, Diensteintritt und Krankenvertretungen. Die Senatsverwaltung aber beantwortete keine einzelne davon. Dafür gab Staatssekretärin Daniela Brückner den allgemeinen Hinweis, dass der Senat „sich des Stellenwerts des Fragerechts der Abgeordneten bewusst“ sei und die Beantwortung schriftlicher Anfragen der Mitglieder des Abgeordnetenhauses sehr hohe Priorität habe.

Gegenwärtig konzentriere der Senat Arbeit und Ressourceneinsatz aber auf die Bekämpfung der infektionsschutzrechtlichen Gefährdungslage für die Berliner Bevölkerung. Brückner endet mit dem Verweis: „Der Senat verfügt derzeit nicht über die gewünschten Angaben und kann diese auch nicht fristgemäß in Erfahrung bringen“. Rissmann sagt, „hier wird mit einer allgemeinen Floskel ein Verfassungsrecht eingeschränkt“.

Der Berliner CDU-Abgeordnete Sven Rissmann.
Der Berliner CDU-Abgeordnete Sven Rissmann.

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Bislang hat nur die CDU die Erfahrung gemacht

Weder FDP noch AfD im Abgeordnetenhaus haben bisher die Erfahrung gemacht, dass Anfragen mit Verweis auf die Corona-Pandemie überhaupt nicht beantwortet werden. Allerdings kommt der Hinweis, dass das Bewältigen der Pandemie Vorrang habe, auch in Antworten aus anderen Senatsverwaltungen vor, um zu entschuldigen, dass der Umfang der Antworten geringer ausfällt. Dafür haben auch viele Abgeordnete Verständnis.

Vertreter des Senats sollen sogar den Vorschlag gemacht haben, dass die Parlamentarier auf ihr Fragerecht verzichten sollen – was die Fraktionen ablehnten.

Jura-Professor: Pauschaler Verweis reicht nicht

In der Berliner Verfassung steht: „Schriftliche Anfragen sind durch den Senat grundsätzlich innerhalb von drei Wochen schriftlich zu beantworten und dürfen nicht allein wegen ihres Umfangs zurückgewiesen werden.“ Christian Pestalozza, Professor für Verfassungsrecht an der Freien Universität, sieht den pauschalen Hinweis der Justizverwaltung auch kritisch.

„Das Fragerecht ist ein bedeutendes Recht, aber sicherlich auch einschränkbar. Es impliziert aber mindestens einen Anspruch des Abgeordneten darauf, eine Sachbegründung zu bekommen, warum eine Antwort derzeit nicht möglich ist. Pauschal auf die Coronakrise zu verweisen, reicht nicht“, sagt Pestalozza. Die antwortende Justizstaatssekretärin hätte also genau darlegen müssen, warum es nicht möglich ist, die Fragen nach den Gerichtsvollziehern zu beantworten.

Berliner Verwaltung ist im Notbetrieb - "das wisse jeder"

Justizsprecher Sebastian Brux verteidigt das knappe Antwortschreiben. „Herr Rissmann fragt Zahlen eines uns nachgeordneten Geschäftsbereichs ab, die können wir nicht abfragen, weil dort alle im Notbetrieb sind.“

Warum ebendiese Erklärung nicht in der Antwort enthalten war, begründet Brux mit dem knappen Hinweis, dass jeder, auch der Abgeordnete Rissmann, wissen könne, dass die Berliner Verwaltung im Notbetrieb sei – und damit oftmals nicht handlungsfähig. Rissmann hingegen sieht hier ein Einfallstor dafür, dass unliebsame Fragen nicht mehr beantwortet werden könnten. „Wehret den Anfängen, das geht an die Grundfesten des Parlamentarismus“, warnt er.

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