zum Hauptinhalt
Letzte Ruhe. Gäste einer muslimischen Bestattung in Berlin begleiten den Sarg zum Grab auf dem Landschaftsfriedhof Gatow. Überall in Deutschland hat die Zahl der Beisetzungen nach islamischem Ritus zugenommen.

© Christoph Soeder/dpa

Update

„Der Verwesungsprozess ist schmerzhaft für die Seele“: Juden und Muslime begrüßen Novelle des Bestattungsgesetzes in Berlin

Bestattungen in weniger als 48 Stunden nach dem Tod – das soll künftig auch in Berlin möglich sein. Der Senat folgt Bitten von Juden und Muslimen, deren Religionen Bestattungen innerhalb eines Tages vorsehen.

| Update:

In Berlin sollen künftig Bestattungen in weniger als 48 Stunden nach dem Tod erlaubt sein, wenn die Religion des Verstorbenen das verlangt. Der Senat hat eine Änderung des Berliner Bestattungsgesetzes mit einer Ausnahmegenehmigung befürwortet, wie die Senatsverwaltung für Justiz am Dienstag mitteilte. Das Land Berlin folge mit der Reform des Bestattungsrechts unter anderem der Bitte von jüdischen und muslimischen Gläubigen, deren Bestattungsvorschriften eine Bestattung Verstorbener innerhalb eines Tages vorsehen. Das Abgeordnetenhaus muss über die Gesetzänderung noch beschließen.

Ähnliche Regelungen gibt es der Justizverwaltung zufolge bereits in Bundesländern wie Hessen und dem Saarland. Andere wie Baden-Württemberg, Bayern oder Hamburg schreiben keine Mindestfristen für die Bestattung Verstorbener mehr vor.

„Ich bin sehr zufrieden, diese jahrelang geforderte Änderung des Bestattungsrechts in Berlin jetzt umsetzen zu können“, sagte Justizsenatorin Lena Kreck (Linke). „Die Gesetzesänderung stellt jüdische und muslimische Gläubige endlich auch am Ende des Lebens mit beispielsweise christlichen Gläubigen und Nichtgläubigen gleich.“

Wissenschaftssenatorin Ulrike Gote (Grüne) ergänzte, die Änderung des größtenteils aus dem Jahr 1973 stammenden Berliner Bestattungsgesetzes sei ein wichtiger Schritt hin zu einem modernen Berliner Bestattungsrecht. „Diese Änderung kann allerdings nur als ein erster Aufschlag für eine Novellierung des Bestattungsrechts gesehen werden.“ Der Senat werde unter Federführung ihrer Senatsverwaltung zeitnah einen Entwurf vorlegen.

Jüdische Gemeinde und Ditib-Gemeinde begrüßen Berliner Gesetzesnovelle

Sprecher der Jüdischen Gemeinde sowie des Berliner Dachverbands muslimischer Gemeindem (Ditib) begrüßten die Gesetzesnovelle. „Nach jüdischer Auffassung ist der Verwesungsprozess schmerzhaft für die Seele“, sagte Rabbiner Jonah Sievers. Deshalb solle der Bestattungsprozess nach Möglichkeit beschleunigt werden. „Es ist unwürdig für den Toten, länger als unbedingt nötig überirdisch zu sein.“ Die 48 Stunden seien ein Relikt aus einer Zeit, wo man den Tod noch nicht zuverlässig habe feststellen können.

Auch im Islam sei Eile bei der Bestattung Verstorbener geboten, sagte Yakup Ayar, Landesvorsitzender der Ditib. „Aufgrund der Empfehlung und Tradition des Propheten Mohammed bemühen wir uns, unsere Verstorbenen zeitnah zu bestatten.“

Ob die Gesetzesnovelle alleine jedoch reichen wird, um die Bestattungen zu beschleunigen, ist offen. „Ich finde es gut, dass eine schnellere Bestattung nun prinzipiell möglich ist“, sagte Sievers. „Aber wie es umgesetzt werden kann, darüber bin ich noch nicht informiert.“ Denn bisher brauche es zwingend eine Bestattungsgenehmigung vom Standesamt – doch die Standesämter haben nicht jeden Tag der Woche geöffnet.

Sievers würde es schade finden, wenn die Jüdische Gemeinde „als Organisation, welche die Bestattung organisieren muss, nun vor Wünsche gestellt wird, die sich nicht erfüllen lassen.“ Zur konkreten Umsetzung habe er deshalb eine Anfrage an die Senatsverwaltung gestellt. (mit dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false