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Berlin: Senat will effektiver gegen Korruption vorgehen

Der Einsatz ist bereits seit einem Jahr beschlossen. Vertrauensanwalt soll bis Ende 2011 benannt werden

Der Senat könnte noch vor der Abgeordnetenhauswahl diesen September einen lange geforderten Schritt zur Korruptionsbekämpfung machen. Nach Tagesspiegel-Informationen haben kürzlich Vorstellungsgespräche mit Rechtsanwälten stattgefunden, die im Auftrag des Senats als Vertrauenspersonen auch anonyme Hinweise zu Korruptionsfällen entgegennehmen und bewerten könnten. Der Einsatz solcher Ombudsmänner oder -frauen war 2010 im Abgeordnetenhaus beschlossen worden. Vor allem die Grünen drängen auf die Umsetzung des Vorhabens. Unter Federführung von Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) sollte bis Jahresende eine solche Stelle – ob als Ehrenamt oder auf Honorarbasis – eingerichtet werden. In einer Antwort auf eine Anfrage des Abgeordneten Dirk Behrendt, Rechtsexperte der Berliner Grünen, erklärte von der Aue nun sogar: „Sobald eine Vertrauensperson bestellt worden ist, kann diese ihre Tätigkeit auch vor dem 1. Januar 2012 aufnehmen.“

Zunächst war über eine Internetseite für anonyme Hinweisgeber diskutiert worden. Die Beauftragung eines Vertrauensanwalts ist aber als sinnvoller erwogen worden, weil dazu weniger Verwaltungsaufwand betrieben werden muss und weil ein Fachmann etwaige Hinweise unmittelbar einschätzen kann. Dass die Umsetzung des Beschlusses mehr als ein Jahr gedauert hat, erklärt von der Aue so: „Die gründliche Vorbereitung macht deutlich, dass die Senatsverwaltung für Justiz der Einsetzung einer Vertrauensanwältin oder eines Vertrauensanwaltes eine hohe Bedeutung beimisst.“

Auf Bezirksebene gibt es das Modell einer Ombudsperson schon. Für Spandau, Reinickendorf und Tempelhof-Schöneberg ist seit 2010 eine Rechtsanwältin tätig. Sie nimmt Hinweise über etwaige Unregelmäßigkeiten entgegen, etwa auch durch E-Mails und Briefe. Grundsätzlich gilt der Schutz für Hinweisgeber, die Korruptionsfälle bekannt machen wollen, hierzulande als vergleichsweise schlecht. Erst vor einer Woche hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im französischen Straßburg Beschäftigten den Rücken gestärkt, die wegen interner Missstände öffentlich ihren Arbeitgeber kritisieren. Die Richter gaben der Altenpflegerin Brigitte Heinisch recht. Die 49-jährige Berlinerin ist demnach durch die Bundesrepublik Deutschland in ihrem Recht auf Meinungsfreiheit beschnitten worden – und zwar weil deutsche Gerichte zugunsten ihres früheren Arbeitgebers Vivantes geurteilt hatten. Die Berliner Klinikkette hatte Heinisch fristlos entlassen, nachdem sie ihren Arbeitgeber kritisiert und schließlich angezeigt hatte. Das öffentliche Interesse an mangelhafter Altenpflege wiege höher, hieß es nun, als die Sorge des Arbeitgebers vor Rufschädigung.

Die Straßburger Entscheidung gilt als Stärkung für sogenannte „Whistleblower“, also Arbeitnehmer, die Gefahren oder Missstände innerhalb ihres Unternehmens bekannt machen und dadurch ihre Anstellung riskieren. Immer wieder wurde ein Gesetz zum Schutz von Whistleblowern gefordert. Die SPD kündigte einen entsprechenen Entwurf an.

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