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Berlin: Senat will Zwangsehe unter Strafe stellen

Der Senat will für Zwangsehen einen eigenen Straftatbestand einführen und sie mit Freiheitsstrafen von mindestens sechs Monaten bis zu fünf Jahren ahnden. Bisher können Zwangsehen nur als Nötigung strafrechtlich verfolgt werden.

Von Sabine Beikler

Der Senat will für Zwangsehen einen eigenen Straftatbestand einführen und sie mit Freiheitsstrafen von mindestens sechs Monaten bis zu fünf Jahren ahnden. Bisher können Zwangsehen nur als Nötigung strafrechtlich verfolgt werden. Nach den so genannten Ehrenmorden und Berichten über zwangsverheiratete Frauen „müssen wir Zeichen setzen“, begründete Justizsenatorin Karin Schubert (SPD) eine entsprechende Bundesratsinitiative, die der Senat am Dienstag verabschiedet hat. Im Juni soll die Vorlage im Bundesrat eingebracht werden. Schubert hofft auf die Unterstützung der anderen Bundesländer.

Zwangsehen sollen nach der Berliner Initiative nicht nur wie bisher innerhalb eines Jahres, sondern auch noch nach maximal drei Jahren aufgelöst werden können. Familienrichter sollten bei Eheauflösungen „individuell darüber entscheiden, wer das Sorgerecht für Kinder erhält“, sagte Schubert. Der Senat will bei Zwangsehen auch das Erbrecht erweitern. Bisher haben Ehepartner beim Nachweis einer Zwangsverheiratung keinen Anspruch auf ihren Erbteil. Nach dem Berliner Vorschlag sollen auch Eltern oder Familienangehörige, die eine solche Ehe unterstützt oder arrangiert haben, von ihrem Pflichterbteil ausgeschlossen werden.

So genannte „Import-Bräute“, die in ihrem Heimatland zwangsverheiratet worden sind und ihren Ehepartnern nach Deutschland folgen, sollen laut Bundesratsinitiative auch nach einer Trennung einen Aufenthaltstitel in Deutschland erhalten. Auch Frauen, die im Ausland zwangsverheiratet werden, sollen ein „längeres Rückkehrrecht“ erhalten, sagte Schubert ohne genauere Angaben. Bisher erlischt das Aufenthaltsrecht nach einem halben Jahr Auslandsaufenthalt.

Bei einer Senats-Umfrage in mehr als 50 Beratungseinrichtungen kam heraus, dass 2002 in Berlin rund 230 Fälle von Zwangsverheiratungen aktenkundig waren. Im vergangenen Jahr haben über 50 Frauen und Mädchen Hilfe bei der Schutzeinrichtung Papatya gesucht. Nach Schätzungen gehen 40 Prozent der hier geborenen Türken mit Partnern aus der Türkei Zwangsehen oder arrangierte Ehen ein.

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