
© Uppenkamp/TU Berlin
„Sie befeuert Vorurteile gegen bedrohte Minderheiten“: Präsidentin der TU Berlin wegen Kritik an jüdisch-kurdischer Veranstaltung unter Druck
Islamisten verharmlost? Geraldine Rauch solle zurücktreten, fordert die Kurdische Gemeinde. Auch SPD-Spitzenkandidat Steffen Krach sieht in der TU-Präsidentin eine Belastung für den Forschungsstandort.
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Weil Geraldine Rauch eine jüdisch-kurdische Veranstaltung an der Technischen Universität Berlin (TU) denunziert habe, solle sie als Präsidentin der Hochschule zurücktreten. Das sagte Ali Toprak, der Vorsitzende der Kurdischen Gemeinde Deutschland, dem Tagesspiegel: „Schon letztes Jahr hatte Rauch öffentlich Islamisten verharmlost – nun prangert sie eine Aufklärungsveranstaltung über religiöse Fanatiker an. Rauch befeuert so indirekt Vorurteile gegen die von Fundamentalisten bedrohten Minderheiten.“
Steigbügelhalter der Gotteskrieger sind ausgerechnet Funktionäre der deutschen Mittelschicht.
Ali Toprak von der Kurdischen Gemeinde Deutschland
Wie berichtet, ging Rauch vergangene Woche gegen eine Veranstaltung einer jüdisch-kurdischen Fraueninitiative wegen deren angeblicher Muslimfeindlichkeit vor. Eine E-Mail der Präsidentin an den Allgemeinen Studierendenausschusses (Asta) fassten einige als Versuch auf, die Veranstaltung über islamistische Gefahren zu verhindern. Die „Welt“ berichtete zuerst. Das Treffen des jüdisch-kurdischen Projekts „Pek Koach“ fand trotz des Drucks von oben statt.
Streit um Like eines antisemitischen Posts
„Nicht nur, aber eben auch an der TU Berlin werden Opfer von Islamisten verächtlich gemacht“, sagte Toprak. „Juden, Drusen, Christen, Aleviten, aber auch muslimische Kurden, überhaupt Liberale aus der islamischen Welt fürchten um ihre Sicherheit. Und als Steigbügelhalter der Gotteskrieger treten ausgerechnet Funktionäre aus der deutschen Mittelschicht auf.“
An der Hochschule herrsche ein „Klima der Denunziation“: Wer sich bezüglich des Nahost-Konflikts nicht als Unterstützer arabischer Kräfte zeige, müsse damit rechnen, beschimpft zu werden. Das berichten ein Student und unabhängig davon ein Angestellter der TU. Deren Einschätzungen sind nicht repräsentativ, die TU zählt fast 35.000 Studierende. Aber sie passen zu Berichten aus der TU, die den Tagesspiegel vergangenes Jahr erreichten.
Sie wendet sich gegen Frauen, Juden, Kurden und distanziert sich von ihrer studentischen Hochschulvertretung.
Adrian Grasse, CDU-Wissenschaftspolitiker
Rauch hatte im Mai 2024 einen antisemitischen Post auf der Plattform X mit „Gefällt mir“ markiert: Zu sehen war ein Foto eines offenbar islamistischen Marsches in der Türkei, auf dem Israels Premier Benjamin Netanjahu mit Hakenkreuzen gezeigt wurde. Rauch erklärte, im Amt zu bleiben. Nun kandidiert sie erneut, will also als Präsidentin bestätigt werden.
SPD-Kandidat sieht Schaden für Berlins Forschung
In der „Welt“ wies eine TU-Sprecherin die Vorwürfe zurück: „Die Technische Universität Berlin bekennt sich unmissverständlich zu ihrer Verantwortung: Auf unserem Campus gibt es keinen Platz für Antisemitismus, Rassismus oder andere Formen von Hass und Diskriminierung.“ Man habe den Asta auch nicht dazu aufgefordert, die Veranstaltung abzusagen.
Der Berliner SPD-Spitzenkandidat Steffen Krach sagte auf Anfrage: „Die Präsidentin wird mehr und mehr zur Belastung für die Technische Universität und den Innovationsstandort Berlin – der aktuelle Vorfall macht das wieder einmal deutlich.“ Krach ist derzeit Regionspräsident in Hannover, von 2016 bis 2021 war er in Berlin der Wissenschaftsstaatssekretär.
„Sie wäre gut beraten, von ihrer Kandidatur zurückzutreten“, schrieb Ex-TU-Präsident Kurt Kutzler kürzlich, „sonst müsste man den Mitgliedern der Wahlgremien empfehlen, ihr die Stimme zu versagen.“
Auch der Hochschulexperte der CDU im Bundestag, Adrian Grasse, forderte Rauch auf, das Amt ruhen zu lassen. Wiederholt schade die Präsidentin dem Ruf der TU. Es sei inakzeptabel, dass sie versucht habe, die Asta-Veranstaltung zu verhindern: „Damit verharmlost sie nicht nur die Gefahr islamistischer Ideologien, sondern wendet sich auch gegen Frauen, gegen Juden, gegen Kurden und distanziert sich zudem von ihrer studentischen Hochschulvertretung.“
Grasse hatte Rauch schon im Jahr 2024 kritisiert, als er noch Wissenschaftspolitiker der CDU im Abgeordnetenhaus war. Die am Mittwoch in der TU vorgestellte Broschüre der jüdisch-kurdischen Pek-Koach-Initiative zitiert Betroffene islamistischer Fanatiker.
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