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Seltenes Bild. Die Demonstration am 18. November 2020 ist für den Einsatz von Wasserwerfern in Erinnerung geblieben.

© Christoph Soeder/dpa

„Sie wollten zum Reichstagsgebäude“: Sachse für Flaschenwürfe bei Berliner Corona-Demo verurteilt

Ein Jahr und acht Monate Haft auf Bewährung verhängt das Amtsgericht gegen einen 50-jährigen Kleinunternehmer. Er soll Flaschen auf Polizisten geworfen haben.

Er und seine Frau waren am frühen Morgen im sächsischen Erzgebirgskreis aufgebrochen, um 300 Kilometer entfernt im Berliner Regierungsviertel zu demonstrieren. „Wir wollten uns mit anderen Menschen austauschen“, sagte Kleinunternehmer Heiko M. am Dienstag vor dem Amtsgericht Tiergarten. Er habe nicht zu jenen gehört, die nach Beendigung der Großdemo gewalttätig wurden und Polizisten attackierten. Der Vorsitzende Richter kam zu einem anderen Schluss.

Ein Jahr und acht Monate Haft auf Bewährung ergingen gegen den 50-Jährigen - schuldig des besonders schweren Landfriedensbruchs sowie in sechs Fällen der versuchten gefährlichen Körperverletzung und des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte, befand das Gericht. M. habe „Taten im Schutz der aufgeheizten Menge verübt“. Von dem Handeln sei „hohe Gefährlichkeit“ ausgegangen. Sechs Flaschen habe M. geworfen. Dass er Verletzungen verursachte, sei nicht festgestellt worden.

Mehrere Tausend Gegner der Corona-Maßnahmen, Corona- Leugner, Rechtsextreme versammelten sich am 18. November 2020 am Brandenburger Tor. Es sollen mehr als 7000 Menschen gewesen sein. Weil Maskenpflicht und Abstandsregeln massenhaft nicht eingehalten wurden, löste die Polizei die Demo auf.

Auch Wasserwerfer wurden eingesetzt – allerdings ohne harten Strahl. Die Polizei sprach von einem „Sprühnebel“. Etwa 2500 Polizisten waren im Einsatz, 77 von ihnen seien verletzt worden.

„Eine leere Plastikflasche, die angeflogen kam, habe ich zurückgeschossen“

Heiko M. soll sich im Anschluss in einer Menschenmenge von 100 bis 150 Personen befunden haben, aus deren Mitte zur Stürmung des Bundestags aufgerufen wurde. Ein Polizist schilderte im Prozess: „Der Druck wurde immer größer, sie wollten zum Reichstagsgebäude.“ Immer wieder seien Glasflaschen, Steine und Böller geworfen worden. Er habe den Angeklagten beobachtet – „es waren vier bis fünf Flaschen“. Den ersten Flaschenwurf durch Heiko M. habe ein anderer Beamter genau gesehen.

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Heiko M. ist Hausmeister mit Veranstaltungstechnik im Nebengewerbe, Vorstrafen hat er nicht. Seine Frau hat ein Kosmetikstudio. Dann die Pandemie. „Uns hat es den Boden unter den Füßen weggezogen.“

Sie hätten sich in Berlin austauschen wollen mit Selbstständigen, die in einer ähnlichen Lage geraten sind, sagte M. „Dann kam es zu einem großen Gedränge.“ Sie hätten den Platz verlassen wollen, es aber nicht geschafft. „Eine leere Plastikflasche, die angeflogen kam, habe ich leider zurückgeschossen“, gab M. zu. Mehr sei nicht gewesen.

„Er ist kein Corona-Leugner“, sagte seine Anwältin und plädierte auf Freispruch. Die Staatsanwältin forderte ein Jahr und vier Monate Haft auf Bewährung.

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