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Der Angeklagte Wassim Al M. sitzt zu Prozessbeginn im Saal des Kriminalgerichts Moabit.

© dpa/Sebastian Gollnow

Update

Auch neun Monate später leidet sein Opfer an den Folgen: Angeklagter schweigt im Prozess um Messerangriff am Holocaust-Mahnmal

Ein Mann soll vor dem Holocaust-Mahnmal einen Berlin-Besucher aus Spanien beinahe tödlich verletzt haben. Im Prozess vor dem Kammergericht schweigt er.

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Vermummt mit Mütze, Sonnenbrille und Schal saß Wassim Al M. zunächst auf der Anklagebank. Erst als Fotografen und Kameraleute den Saal verlassen hatten, zeigte der 19-jährige Syrer sein schmales Gesicht. Neun Monate nach der beinahe tödlichen Messerattacke auf einen spanischen Touristen am Holocaust-Mahnmal wird dem mutmaßlichen Attentäter der Prozess gemacht. Zu den Vorwürfen schwieg er.

Er verließ am 21. Februar in Leipzig eine Unterkunft für Geflüchtete, um in Berlin im Namen des „Islamischen Staats“ (IS) einen Angriff zu begehen, ist die Bundesanwaltschaft überzeugt. Sein Ziel sei es gewesen, „das Leben eines ihm unbekannten Tatopfers, nach Möglichkeit jüdischen Glaubenszugehörigkeit, als Repräsentanten der von ihm abgelehnten freiheitlichen Gesellschaft auszulöschen“.

Gegen 18 Uhr tauchte er laut Ermittlungen an der Gedenkstätte nahe dem Brandenburger Tor auf. Mehrere Besucher befanden sich im Stelenfeld, darunter Iker M. aus dem Baskenland. Unvermittelt habe Al M. angegriffen und dem arglosen Berlin-Besucher mit einem Messer einen Kehlschnitt versetzt.

Angriff im Namen des IS 

Der 31-Jährige erlitt eine 14 Zentimeter lange Wunde. Der Angreifer setzte nach, traf das Gesicht seines Opfers. „Allahu Akbar“ (auf Deutsch etwa „Gott ist groß“) habe Al M. noch gerufen. Eine radikal-islamistische und antisemitisch motivierte Tat sei es gewesen. Al M. wird versuchter Mord, gefährliche Körperverletzung und versuchte Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen.

Iker M. überlebte die brutale und verstörende Tat nur durch das schnelle Eingreifen von Helfern und einer Not-Operation. Im Prozess ist der Ernährungswissenschaftler, der im Radsport tätig ist, Zeuge und Nebenkläger. Der 31-Jährige, der nicht jüdischen Glaubens ist, habe damals die Gedenkstätte mit Freunden besucht, sagte sein Anwalt am Rande.

Bis heute sei Iker M. nicht arbeitsfähig wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung. Dennoch werde er Anfang Dezember nach Berlin kommen, um vor Gericht auszusagen. „Er ist daran interessiert, dass die Hintergründe der Tat aufgearbeitet werden.“ Um zu verstehen, „warum der Angeklagte das gemacht hat“.

Angeklagter lief mit blutverschmierten Händen auf Polizisten zu

Wassim Al M. wurde zweieinhalb Stunden nach dem Attentat festgenommen – er ging nahe dem Mahnmal auf Polizisten zu, hieß es. Seine Hände seien blutverschmiert gewesen, in seinem Rucksack die mutmaßliche Tatwaffe, ein Gebetsteppich, ein Koran. Kurz vor der Tat soll er sich übers Handy an Mitglieder des IS gewandt und sich als Mitglied angedient haben.

Anfang 2023 verließ er Syrien. Er und ein jüngerer Bruder hätten die Balkanroute genommen. Vier Monate später sei Al M. in Deutschland angekommen. Er wohnte in Leipzig, bekam eine befristete Aufenthaltserlaubnis bis Ende 2026.

Doch dann habe er sich radikalisiert, einen Vollbart getragen, wie er typisch ist in der salafistischen Szene, er habe nach der Scharia gelebt. In Haft soll er gegenüber einem Mitarbeiter gesagt haben, er sei kein schlechter Mensch, er habe in einem Auftrag gehandelt. Der Prozess geht am 26. November weiter.

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