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Ulrich Nußbaum. Der Finanzsenator versuchte, mit immer neuen Vorschlägen die verbilligte Vergabe von Grundstücken auf Einzelfälle zu beschränken.

© dpa

Streit um Liegenschaftspolitik: SPD droht mit einem Verkaufsstopp

Die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus fordert vom Senat ein neues Liegenschaftskonzept. Innerhalb von drei Monaten soll er einen Gesetzentwurf vorlegen, der den Verkauf öffentlicher Immobilien zum Höchstpreis in den Hintergrund drängt

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Seit vier Jahren wird in Berlin über einen neuen Umgang mit landeseigenen Grundstücken diskutiert. Bisher ohne greifbares Ergebnis und deshalb platzt der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus jetzt der Kragen. In einem Antrag, der in der Fraktionssitzung am Dienstag beschlossen werden soll, wird der Senat ultimativ aufgefordert, innerhalb von drei Monaten einen Gesetzentwurf für eine Liegenschaftspolitik vorzulegen, die den Verkauf öffentlicher Immobilien zum Höchstpreis in den Hintergrund drängt.

Dabei soll sich der Senat an einem Parlamentsbeschluss orientieren, den Rot-Rot 2010 gefasst hatte. Gefordert wurde damals die „stärkere Berücksichtigung von wirtschafts-, wohnungs- und stadtentwicklungspolitischen Zielen“. Die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Sicherung der sozialen Infrastruktur, familiengerechtes und generationsübergreifendes Wohnen, bezahlbare Mieten in der Innenstadt und der Klimaschutz wurden als „Kernziele“ der Liegenschaftspolitik benannt. Grundstücke sollten in begründeten Einzelfällen direkt vergeben oder zum Festpreis verkauft werden.

Der Konflikt mit dem Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) war damit programmiert, denn der Verkauf landeseigener Immobilien durch den Liegenschaftsfonds spült viel Geld in die Landeskasse. 2011 waren es 130 Millionen Euro, im laufenden Jahr wird mit 112 Millionen Euro gerechnet. Mit immer neuen Vorschlägen versuchte Nußbaum, die verbilligte Vergabe von Grundstücken auf Einzelfälle zu beschränken und die finanziellen Vergünstigungen (im Vergleich zum Höchstpreis) als staatliche Förderung zu deklarieren, die der zuständigen Fachverwaltung angelastet werden soll.

In der Regel ist das die Behörde des Stadtentwicklungssenators Michael Müller (SPD). Und so liefern sich beide Regierungsmitglieder seit Monaten einen zähen Kampf. Inzwischen hat Müller die Sympathien der SPD-Fraktion, aber auch des Regierungschefs Klaus Wowereit und der anderen sozialdemokratischen Senatsmitglieder auf seiner Seite. Wowereit lehnte in der vergangenen Senatssitzung ein neues Konzept Nußbaums ab, und die SPD-Fraktion will jetzt einen Verkaufsstopp für alle öffentlichen Immobilien erzwingen. Das soll den Druck auf den Senat erhöhen, sich endlich auf eine neue Liegenschaftspolitik zu einigen, die übrigens auch für alle Landesunternehmen verpflichtend sein soll.

Auch die CDU ist daran interessiert, „dass der Senat zügig klare Verhältnisse schafft und die Liegenschaftspolitik neu regelt“, sagte der Haushaltsexperte der Unionsfraktion, Christian Goiny. Einen Verkaufsstopp für drei Monate, bis der Senat ein Konzept vorlegt, hält er aber für fragwürdig. Auch das strittige Verfahren zum Verkauf des Spreeufergrundstücks an der Holzmarktstraße, das der BSR gehört, solle „ohne Verzögerung und ordnungsgemäß“ zu Ende gebracht werden. Die SPD favorisiert eine Direktvergabe an die Betreiber des „Kater Holzig“. za

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