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Frauen mit Kopftüchern, am Mittwoch im Berliner Arbeitsgericht. Die Klägerin war nicht erschienen.

© Jörg Carstensen/dpa

Staat und Religion: Richter weisen Kopftuch-Klage von Lehrerin ab

Keine Entschädigung für eine muslimische Bewerberin - das Berliner Verbotsgesetz ist rechtmäßig, entschied das Arbeitsgericht.

Eine muslimische Lehrerin kann keine Entschädigung verlangen, weil die Schulverwaltung ihre Bewerbung wegen ihres Kopftuchs ablehnt. Das Berliner Arbeitsgericht hat eine entsprechende Klage der Frau am Mittwoch abgewiesen, die sich durch das in Berlin geltende Neutralitätsgesetz diskriminiert fühlt. Danach ist religiöse Bekleidung im Schuldienst sowie bei Polizei und Rechtspflege verboten.

Die Schulverwaltung reagierte erleichtert: „Wir begrüßen das Urteil des Arbeitsgerichts und fühlen uns in unserer Rechtsauffassung bestätigt“, sagte Sprecherin Beate Stoffers. Die Klägerin, die vom Netzwerk gegen Diskriminierung und Islamfeindlichkeit „Inssan“ und dem Antidiskriminierungsnetzwerk Berlin des Türkischen Bundes Berlin-Brandenburg unterstützt wird, will sich damit aber voraussichtlich nicht abfinden. Ihre Anwältin Maryam Haschemi kündigte an, eine Berufung zu prüfen.

Die mündliche Verhandlung drehte sich im Wesentlichen darum, ob das strikte Berliner Gesetz nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts noch verfassungsgemäß ist. Die Karlsruher Richter hatten im vergangenen Jahr geurteilt, dass landesgesetzliche Kopftuchverbote nur zulässig sind, wenn konkrete Gefahren für den Schulfrieden zu erwarten sind. Sind Gerichte überzeugt, es mit verfassungswidrigen Vorschriften zu tun zu haben, müssen sie den Fall direkt in Karlsruhe vorlegen.

Das Arbeitsgericht entschied sich jedoch gegen eine solche Vorlage. Richter Andreas Dittert hob in der Verhandlung hervor, die Länder hätten einen „Einschätzungsspielraum“. In der Begründung des Neutralitätsgesetzes hätte das Abgeordnetenhaus darauf abgestellt, dass Berlin aufgrund seiner Bevölkerungsstruktur besonderes soziales Konfliktpotenzial berge. „Diese „Einschätzung könnte realitätsgerecht sein“, sagte er. Zudem enthalte das Berliner Gesetz keine Bevorzugung christlicher Bildungs- und Kulturwerte – wie das Gesetz aus Nordrhein-Westfalen, das vom Verfassungsgericht korrigiert worden war. „In Berlin werden alle Religionen gleich behandelt.“ Dittert findet es nach eigenen Worten auch „nicht ganz logisch“, wenn Kruzifixe in Schulen untersagt werden können, zugleich aber Lehrerinnen mit Kopftuch beschäftigt sein dürften.

Die Klägerin, die selbst nicht erschienen war, ließ eine Erklärung verlesen. Das Kopftuchverbot sei für sie „ein Berufsverbot. Schule soll ein Spiegelbild der Gesellschaft sein“, hieß es weiter. Das Land hatte ihr einen Arbeitsvertrag angeboten, mit dem sie etwa in Willkommensklassen für Flüchtlinge oder an Berufsschulen unterrichten könnte. Die Klägerin möchte aber im Grundschuldienst arbeiten.

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