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Schlagersängerin Andrea Berg.

© dpa

Auftritt der Woche: Die Bühne gehört der Pflegekraft

Die Schlagersängerin Andrea Berg ist zu Gast in Berlin. Trotz weniger öffentlicher Auftritte und vielleicht gerade wegen ihrer demonstrativ vorgelebten Bodenständigkeit wird die O2-Arena ausverkauft sein.

Ein verletztes Herz ist oft nicht wählerisch. Zum Trost reichen ihm schon einige banale Worte und das Gefühl, es wäre mit seinem Schmerz nicht allein: „Doch es war total Liebe pur / Manchmal frag ich mich / Warum du“, trauert Andrea Berg in einem ihrer größten Hits „Du hast mich tausendmal belogen“ und erreicht damit jährlich Hunderttausende. Auf ihren Konzerten, in einem Meer aus Feuerzeugen und schwenkenden Armen, fühlen sich einsame Herzen nicht mehr allein.

Die Schlagersängerin, die am Sonnabend in der – natürlich – ausverkauften O2-World auftritt, ist ein Phänomen. Von vielen Zeitungen verachtet („Pinup-Girl für Riester-Rentner“), von der Boulevardpresse geehrt, ist die „Schlagerkönigin“ mit ihrem Best-of-Album, das sich 337 Wochen in den deutschen Charts hielt, erfolgreicher als Pink Floyd und die Beatles. Fast zehn Millionen Tonträger hat die ehemalige Krankenschwester aus Krefeld seit ihrem Debüt 1992 im deutschsprachigen Raum verkauft.

Es ist leicht, das alles als niveaulos und berechnend abzutun: Die Bühnenoutfits aus kniehohen Stiefeln mit bleistiftdünnen Absätzen, die Lederminiröcke und schwarzen Corsagen, die der wesentlich älteren Tina Turner besser stehen, weil diese sich besser darin bewegen kann. Den schlichten Discofox-Beat, ideal für Junggesellinnenabschiede in der Erlebnisgastronomie. Die simplen Texte, die das ewige Lied von der betrogenen, aber starken Frau anstimmen, die trotz aller Enttäuschung dennoch auf „seine“ Rückkehr wartet. Und nicht zuletzt Bergs „Ich bin eine von euch“-Pose, bin nicht anders als Klaus-Dieter vom Niederrhein oder Petra aus dem Burgenland – so dies denn eine Masche ist. Denn wie so oft bei einer solchen Erfolgsgeschichte vermischen sich wohl auch bei Berg Person und Rolle, Herkunft und heutiger Status.

Tatsache ist, dass Berg, die mit ihrem zweiten Mann, einem Spielerberater, im baden-württembergischen Kleinaspach lebt und dort ein Erlebnishotel betreibt, als volksnah gilt. Weil sie stundenlang Autogramme gibt, ihre Fanpost angeblich selbst beantwortet und stets für Fotos mit ihren Anhängern bereit ist. Tatsache ist auch, dass sie fast nie in Talkshows auftritt, und dennoch strömen Tausende zu jedem ihrer Konzerte. Es gibt zwar keinen Andrea-Berg-Fanclub in Berlin, dafür existieren unter anderem welche in Leipzig und Halle, in Cottbus oder Wuppertal. Dies ist also selbst bei noch so kritischer Distanz nicht zu übersehen: Es gibt eine große Anzahl Menschen, die Berg offensichtlich mit ihrer Darstellung und Musik berührt. Aber es sind ja auch nicht nur ihre Schlager, es ist auch ein Stück weit ihr soziales Engagement. Denn wahr ist auch, dass sich Berg seit langem in der Hospiz-Bewegung engagiert und dafür 2008 vom damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler im Schloss Bellevue mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet wurde.

„Die Menschen sagen mir, dass ich ihnen guttue“, erklärt sich Berg ihren Erfolg. Es ist Freitag, der 28. Januar, und es ist ihr 45. Geburtstag. Sie ist mit dem Auto auf dem Weg zu Proben für „Das Winterfest der Volksmusik“ der ARD mit Florian Silbereisen. Auf die Frage, ob sie an diesem Tag denn auch noch feiern werde, antwortet sie: „Ja, aber nur im kleinen Kreis, ganz ruhig und gemütlich.” Ein Satz wie aus dem PR-Baukasten, mitten hinein in die Herzen der Fans.

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