Stadtleben: Irren ist menschlich
Eine Ausstellung über Missverständnisse
Das Bild des Armando Rodrigues de Sá findet sich heute in vielen deutschen Geschichtsbüchern. 1964 wurde der Portugiese in Köln als millionster Gastarbeiter der Bundesrepublik mit einem Blumenstrauß begrüßt und bekam ein Moped geschenkt. Doch auf den Fotos des Ereignisses strahlt Sá nicht etwa, er schaut vielmehr verängstigt in die Kamera. Der Grund: Sá wusste nicht, dass er so überschwänglich begrüßt werden würde. Als sein Name über Lautsprecher ausgerufen wurde, bekam er es mit der Angst zu tun, denn im Portugal unter Diktator Salazar war dies in der Regel ein schlechtes Zeichen. Erst als er schon vor die Kameras gezerrt worden war, konnte ihm ein Dolmetscher die Situation erklären.
Solchen und anderen Missverständnissen widmet das Museum für Kommunikation seit heute eine Ausstellung. Unter dem Motto „Stolpersteine der Kommunikation“ zeigt es mal tragische, mal lustige Beispiele dafür, was alles schief gehen kann, wenn Menschen versuchen, sich gegenseitig etwas mitzuteilen.
„Missverständnisse sind allgegenwärtig“, sagt Anja Eichler vom Museum für Kommunikation in Frankfurt am Main. Zusammen mit dem Sammlungsleiter des Berliner Museums, Veit Didczuneit, hat sie die Ausstellung aufgebaut. „Sie können im schlimmsten Fall zu Ehescheidungen, Flugzeugabstürzen oder internationalen Konflikten führen. Oft haben Fehlinterpretationen aber auch jede Menge Lachpotenzial“, weiß Eichler.
So geht etwa der Glaube an Leben auf dem Mars auf einen einfachen Übersetzungsfehler zurück. Im 19. Jahrhundert entdeckte ein italienischer Astrologe Rillen auf der Planetenoberfläche. Als seine Arbeit ins Englische übertrage wurde, gebrauchte der Übersetzer statt des korrekten Begriffs „Channel“ das Wort „Canal“, was für von Menschen geschaffene Kanäle steht. Erst in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts wurde der Fehler bekannt.
Neben solchen Missverständnissen von historischen Ausmaßen stehen in der Ausstellung vor allem die alltäglichen im Mittelpunkt. Besonderes Augenmerk liegt auf den zwischenmenschlichen Beziehungen, diese sind besonders anfällig für Missverständnisse. Schon in einem einfachen Satz wie „Es ist kein Bier da“ könne jede Menge Konfliktpotential schlummern, erklärt Ausstellungsleiter Didczuneit: „Das kann eine sachliche Feststellung sein. Es kann aber auch ein Vorwurf des Mannes an seine Frau mitschwingen nach dem Motto: Du bist schuld, du hast keins eingekauft. Oder vielleicht will der Mann mit den Worten schlicht mitteilen, dass er Durst hat. Möglich ist aber auch, dass er seiner Frau mit dem Satz zu verstehen geben will, sie solle ihm doch ein Bier holen.“ pjh
Die Ausstellung „Missverständnisse - Stolpersteine der Kommunikation“ ist bis zum 5. Oktober geöffnet. Der Eintritt kostet 3 Euro, ermäßigt 1,50 Euro.