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© Uwe Steinert

Yoga-Festival: Volle Dehnung

Das vierte Yoga-Festival startet dieses Wochenende in Berlin. 6000 Besucher werden erwartet. Die indische Lehre hat sich längst vom Öko-Klischee befreit und ist in der breiten Öffentlichkeit angekommen.

Nicht jeder hat so viel Glück wie das Yoga. Oft heißt es ja, für den ersten Eindruck gebe es keine zweite Chance, und damit ist gemeint, dass man das Bild, das man vermittelt hat, als man das erste Mal daherkam, nie wieder loswird.

Yoga kam zuerst schmuddelig-esotherisch in einer Räucherstäbchenwolke und in Zimtlatschen daher. Vor zehn Jahren, als es in Berlin nur drei Yoga-Schulen gab und als es noch gemein war, jemanden „öko“ zu nennen. Wer Yoga machte, kaufte bei Spinnrad ein und trug keinen BH.

Heute gibt es in Berlin rund 180 Yoga-Schulen und ein Festival, das 6000 Besucher erwartet. Mindestens. Veranstaltungsort ist eine große Freifläche zwischen Kanzleramt und Hauptbahnhof. Dort wird es Feuerzeremonien geben, der Yogatrainer der deutschen Fußball-Elf erteilt Übungsstunden, es wird meditiert, es gibt einen indischen Abend. Und am Tag, bevor es losgeht, eine Pressekonferenz, so wie es sich für große Veranstaltungen gehört.

Die Pressekonferenz findet an einem Biertisch aus Holz statt. Es gibt Johannisbeeren, Apfelsaft aus bunten Plastikbechern, Brötchen und nur ein Buttermesser. Stefan Datt, der Veranstalter, ist barfuß und rot im Gesicht, weil er vorher gezeigt hat, dass er sehr lange auf dem Kopf stehen kann. Datt ist 35, Yogalehrer, Physiotherapeut und hat immer gewusst, dass Yoga sein Schattendasein irgendwann überwinden wird. Das musste so kommen. Yoga, sagt er, passe in eine Welt, die immer schneller und schneller werde. Und so auch zu Berlin.

Im nächsten Jahr kann auf der Freifläche zwischen Kanzleramt und Hauptbahnhof kein Yoga-Festival mehr stattfinden. Weil hier das Bundesinnenministerium seine neue Bleibe finden wird. Auch dafür sind die Yogis da: Sie bereiten „durch die positive Kraft des Festivals eine friedvolle und harmonische Bundesinnenpolitik vor“.

Ob Stefan Datt solche Sätze ernst meint, weiß man nicht so genau. Man glaubt: ja. Das kann man zwar ein bisschen albern finden, aber man kann auch angetan davon sein, wie überzeugt Datt es sagt. So wie jeder Yoga-Anhänger mit völliger Überzeugung behauptet, Yoga hätte ihm ein völlig neues Lebensgefühl vermittelt. Man macht nicht Yoga, wie man Aerobic macht. Man ist Yoga.

Und es gibt einen Grund, warum man nie einem Anhänger sagen würde, dass das bisschen Atmen und verknotet Herumsitzen ja wohl keine besseren Menschen und eine Stunde joggen außerdem fitter machen würde: Man ist sich nicht sicher, ob die nicht doch Recht haben. Denn sie sehen fitter aus und erholt. So wie Stefan Datt. Natürlich sei Yoga auch kommerzialisierter Trend geworden, der im strengen Sinne dem yogischen Geist zuwiderlaufe, aber es diene ja schließlich der guten Sache: Yoga.

Bei der Pressekonferenz stehen auf dem Gelände nur der Holztisch, ein paar Bänke, ein orientalischer Sonnenpavillon und ein paar Yogis, die ihre Vornamen austauschen. Im Hintergrund fährt ein ICE vorbei. Davon, dass auf dieser Brachfläche bis Freitagmittag 60 Marktstände stehen sollen, mehrere Zelte – darunter eines, das 3000 Personen fasst –, merkt man nichts. Stefan Datt sagt, das wird schon klappen. Ist ja noch ein bisschen Zeit. Die Yogis essen Johannisbeeren. Sie machen sich keine Sorgen.

Das Festival beginnt heute um 14 Uhr und geht bis Sonntag um 19 Uhr. In Alt-Moabit 141, die Festivalkarte kostet 39 Euro, die Tageskarte 18.

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