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Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) Mitte Mai im Berliner Abgeordnetenhaus.

© imago images/Stefan Zeitz

Statt Sparen in der Coronakrise: Berlin will sich sechs Milliarden Euro Schulden genehmigen

Der Finanzsenator würde die neuen Milliardenkredite gern in 15 Jahren zurückzahlen, der Linken reichen 45 Jahre. Klar ist: Die Bezirke müssen nicht sparen.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Das Land Berlin kann bis Ende 2021 bis zu sechs Milliarden Euro neue Kredite aufnehmen. Dazu soll der Senat vom Abgeordnetenhaus schon im ersten Nachtragshaushalt ermächtigt werden, der am 4. Juni im Parlament beschlossen wird.

In welchem Zeitraum die Schulden getilgt werden, ist koalitionsintern noch strittig. Die Linken plädierten für 45 Jahre, die SPD schlug einen Zeitraum von 20 bis 30 Jahre vor. Voraussichtlich wird man sich auf 30 Jahre einigen, damit können wohl auch die Grünen leben.

Wenn es nach Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) ginge, würde Berlin „nur“ 5,5 Milliarden Euro neue Schulden machen und diese in 15 Jahren zurückzahlen. Durch die bevorstehende Einigung der Haushälter von SPD, Linken und Grünen ist dieser Vorschlag aber vom Tisch.

Nach mehreren internen Beratungsrunden der Finanzfachleute und Fraktionsspitzen ist jetzt auch endgültig klar, dass weder die Senatsverwaltungen noch die Bezirke 2020 und 2021 Sparbeiträge leisten müssen, um das drohende Haushaltsdefizit zu verringern.

Die gesetzlich verankerte Schuldenbremse wird mit dem Nachtragshaushalt zeitlich begrenzt außer Kraft gesetzt. Dabei beruft sich Rot-Rot-Grün auf die Ausnahmeregel, dass „zur Bewältigung von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Landes entziehen“ und dessen Finanzlage erheblich beeinträchtigen, eine Kreditaufnahme zulässig ist. Verbunden mit einem Tilgungsplan.

Geld aus offenen Stellen soll in die Wirtschaft fließen

Wie berichtet fehlen Berlin laut jüngster Steuerschätzung in diesem Jahr voraussichtlich 3,05 Milliarden Euro Steuereinnahmen, im nächsten Jahr gehen 1,65 Milliarden Euro Einnahmen verloren. Zusätzliche öffentliche Ausgaben, etwa zur Stärkung des Gesundheitswesens, für Wirtschafts- und soziale Hilfen, kommen belastend hinzu.

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Andererseits gehen Haushaltsexperten der Koalition davon aus, dass allein im Haushaltsjahr 2020 bis zu zwei Milliarden Euro eingeplante Ausgaben aus verschiedenen Gründen „liegen bleiben“, davon sind etwa die Hälfte nicht realisierte Personalausgaben.

Dieses Geld soll, kontrolliert vom Parlament, eingesammelt und in künftige Konjunkturpakete gesteckt werden, die auf die besondere Wirtschaftsstruktur Berlins zugeschnitten sind. Bleibt dann immer noch was übrig, könnte der Restbetrag doch für die Verringerung der Schuldenlast genutzt werden. Das wird koalitionsintern jedenfalls nicht ausgeschlossen. Am Mittwoch soll der Hauptausschuss des Parlaments den Nachtragsetat absegnen.

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