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© IMAGO//IMAGO/Juliane Sonntag

Update

Stolperrisiko E-Scooter auf Gehwegen: Berliner Blindenverband scheitert mit Klage gegen das wilde Abstellen

Das Berliner Verwaltungsgericht sollte am Mittwoch entscheiden, ob E-Scooter wild auf Gehwegen abgestellt werden dürfen oder nicht. Doch der Blindenverein zog die Klage auf Anraten des Gerichts zurück.

Stand:

Mit einer Klage gegen das Land Berlin wollten blinde und sehbehinderte Menschen gegen wild auf Gehwegen abgestellte oder hingeworfene E-Scooter vorgehen. Diese seien gefährliche Stolperfallen. Doch der Allgemeine Blinden- und Sehbehindertenverein (ASBV) scheiterte. Auf Anraten des Verwaltungsgerichts zog der Verband seine Klage nach zwei Stunden Verhandlung zurück, um die Prozesskosten zu senken.

Hintergrund war ein juristischer Fehler des ASBV. Dieser hatte versucht, über das Verbandsklagerecht die Genehmigung auf Sondernutzung zu kippen. Das Land Berlin hatte schon im Vorfeld argumentiert, der Kläger hätte im Wege der Anfechtungsklage jeweils gegen die erteilten Erlaubnisse vorgehen müssen.

Fünf Firmen dürfen ihre Flotten derzeit abstellen

Aktuell hat das Land Berlin fünf Firmen – darunter Voi, Tier und Lime – die Sondernutzungserlaubnis erteilt, ihre Scooter-Flotten „frei“ in der Stadt abzustellen. Bei diesem Modell dürfen Nutzer die E-Scooter auf Gehwegen in Empfang nehmen und dort auch wieder abstellen („Free-Floating“).

Der ASBV wollte mit der Klage das Land dazu bringen, das Free-Floating-Modell zu beenden, so ASBV-Anwalt Michael Richter im Vorfeld. Künftig sollen Verleiher dann nach dem Willen des Vereins zu festen Abhol- und Rückgabestationen verpflichtet werden.

Verein fordert verpflichtende Stationen

„Die Unfallgefahr durch falsch abgestellte E-Scooter ist groß und bedeutet einen Rückschritt für die Barrierefreiheit“, sagte der Vereinsvorsitzende Dietmar Polok. „Gerade für blinde und sehbehinderte Menschen entstehen durch die Roller lebensgefährliche Barrieren auf Wegen, die eigentlich sicher sein müssen.“ Im Prozess sagte der Anwalt, dass der ASBV etwa jeden Monat Kenntnis von einer Verletzung nach einem Sturz erhalte.

In der Verhandlung kündigte Rechtsanwalt Richter nun an, zunächst mit dem Land Berlin verhandeln zu wollen. Sollten diese Gespräche scheitern, werde man gegen die einzelnen Sondernutzungserlaubnisse klagen.

Diese wurden nach Angaben der beklagten Verkehrsverwaltung zuletzt für zwei Jahre (2024 und 2025) an die fünf Firmen vergeben. 2022 hatte der Berliner Senat ein Gesetz für Sharing-Fahrzeuge beschlossen, seitdem bedarf es einer Erlaubnis. Begründung: Die Free-Floating-Roller seien ein Gewerbe und kein Verkehr. Deshalb dürfen private Fahrräder und Scooter auf Gehwegen abgestellt werden, sofern sie niemanden behindern.

Der Vertreter der Verwaltung räumte in der Verhandlung ein, dass ein „Konflikt vorhanden“ sei. Auch der Vorsitzende Richter, Stephan Groscurth, nannte es zu Beginn der Verhandlung „unstreitig“, dass die Scooter eine Gefahr darstellen. Der Missstand sei offensichtlich, sagte Groscurth, viele Menschen ärgerten sich über umgefallene oder im Weg stehende Scooter.

Nach einer aktuellen Studie von Fuss e.V. stehen oder liegen 56 Prozent der Roller herum, wenn es keine festen Stationen gibt. Hochgerechnet auf die Gesamtstadt sind das zeitgleich 36.000 Störungen.

Gefahr auch für andere Verkehrsteilnehmer

Der Fußgängerverband Fuss und der Verein Changing Cities unterstützten den ABSV bei der Klage. Die Situation sei auch für andere Verkehrsteilnehmer gefährlich, etwa für alte Menschen mit Rollatoren, so Fuss-Vorstand Roland Stimpel. Ragnhild Sørensen von Changing Cities sagte: „Wir wünschen uns sehr, dass das Gericht feste Abstellplätze für die E-Roller anordnet – und zwar auf der Straße, wo auch die Autos parken“.

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