zum Hauptinhalt
In der Gemeinschaftsunterkunft Siemens-Campus leben noch 75 gehörlose Flüchtlinge und ihre Angehörigen.

© Kai-Uwe Heinrich TSP

Streit um Unterbringung: Gehörlose Flüchtlinge verweigern Umzug von Spandau nach Tempelhof

75 gehörlose Flüchtlinge sollten an den Columbiadamm umziehen, weigern sich aber. Der Träger ihrer Unterkunft stellt seine Arbeit ein. Die Situation ist verfahren.

Rund 80 gehörlose Flüchtlinge aus der Ukraine und ihre Angehörigen sollten am 31. Januar aus ihrer Unterkunft am Spandauer Rohrdamm ausziehen. Doch weil sie sich weigerten, gibt es nun Aufregung.

Tamaya, der bisherige Träger der Unterkunft, wird seine Arbeit zum 1. Februar einstellen, mit der Folge, dass es dann vor Ort keine Sozialarbeit und keine Kinderbetreuung geben wird. Markus Berg, Sprecher der Senatsverwaltung für Integration, sagte dem Tagesspiegel am Dienstag: „Die Abstimmungen über den weiteren Betrieb der Unterkunft laufen noch, ein abschließendes Ergebnis liegt zum Zeitpunkt der Beantwortung noch nicht vor.“

Neuer Wohnort der Flüchtlinge sollte eigentlich ein Tempohome am Columbiadamm in Tempelhof sein, das extra Ende vergangener Woche noch mit einer Brandschutzanlage ausgestattet wurde, welche die Gehörlosen auch durch Blitzlicht vor Feuer warnen kann.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Die Flüchtlinge wollen in der Nähe ihrer Schule bleiben

Doch die Flüchtlinge weigern sich, dort einzuziehen, weil ihre Kinder in eine Gehörlosenschule in Westend gehen, und der Schulweg aus Tempelhof zu weit ist. Von Spandau aus beträgt der Weg mit dem Nahverkehr rund 20 Minuten.

Die gemeinsame Unterbringung einer so großen Gruppe stellt eine große Herausforderung dar.

Markus Berg, Sprecher der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales

Die Flüchtlinge wollen unbedingt als Gruppe zusammenbleiben, weil sie sich mit der ukrainischen Gebärdensprache nur untereinander verständigen können. Für die deutsche Gebärdensprache benötigt das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) derzeit noch Gebärdendolmetscher.

Am Montag war Wenke Christoph, die Staatssekretärin in der Senatsverwaltung für Integration, vor Ort und redete mit den Betroffenen. Ein kurzfristiges Ergebnis erzielte sie aber nicht. Sie habe mit den Betroffenen ein weiteres Gespräch vereinbart, teilte Verwaltungssprecher Berg mit.

LAF fühlt nicht mehr zuständig

Sascha Langenbach, der Sprecher des Flüchtlingsamts, gab am Dienstag keine Stellungnahme ab, er verwies darauf, dass das LAF ab 1. Februar nicht mehr für die Situation zuständig sei. Verwaltungssprecher Markus Berg erklärte, die Senatsverwaltung bemühe sich um eine kurzfristige Lösung. Das LAF sei dann aber weiter für die Unterbringung der Menschen zuständig.

Nach Informationen des Tagesspiegels hat das LAF die Unterkünfte am Columbiadamm bis 3. Februar geblockt. Danach werden die dringend benötigten Unterkünfte mit anderen Flüchtlingen belegt.

Ein Alternativstandort fehlt. Berg sagte: „Das LAF verfügt derzeit über keine reguläre Einrichtung neben dem Tempohome Columbiadamm, in der die Gruppe der gehörlosen Geflüchteten gemeinsam untergebracht werden kann. Die gemeinsame Unterbringung einer so großen Gruppe in einer anderen Unterkunft stellt für das LAF eine Herausforderung dar.“

Gelände wird für Schulbau benötigt

Das Gelände, auf dem die Gemeinschaftsunterkunft am Rohrdamm steht, wird für einen Schulbau benötigt. Die Unterkunft wurde im März 2022 reaktiviert, nachdem durch den Ukraine-Krieg über Nacht viele Flüchtlinge gekommen waren.

Klar war von vornherein, dass die Unterkunft nur bis 31. Januar belegt werden kann. „Das Vorhaben ist bereits seit langem vom Bezirk geplant und die Nutzung der Fläche für ein Tempohome war von Anfang an nur vorübergehend möglich“, sagte Berg.

Den Betroffenen vor Ort war dies offenbar nicht klar oder bekannt. Sie wurden Mitte Januar über den bevorstehenden Umzug informiert und zeigten sich überrascht.

Ein früheres Studentenheim scheidet als Alternativstandort aus

Das LAF hatte auch ein ehemaliges Studentenheim in Charlottenburg aus Ausweichquartier in Erwägung gezogen, doch bei einer Prüfung hatte sich herausgestellt, dass die Unterkunft in ihrem aktuellen Zustand nicht bewohnbar ist. Eine notwendige Sanierung ist nach Tagesspiegel-Informationen frühestens im März möglich.

Bleibt nur der Columbiadamm. Dort wird erst nächste Woche eine Trinkwasseranlage installiert, bis dahin wird das Trinkwasser abgefüllt bereitgestellt. Da das Gesundheitsamt Tempelhof-Schöneberg vom Duschen in den Unterkünften abrät, hat das LAF vor einigen Tagen gehörlose schwangere Flüchtlinge und welche mit Kleinkindern in Hostels an der Hasenheide untergebracht. Die übrigen Gehörlosen und ihre Angehörigen sind aber unverändert in Spandau.

Rund 120 Flüchtlinge sind aber schon nach Mitte und Pankow gezogen

Rund 120 Flüchtlinge, die hören können, haben vor rund zwei Wochen das Tempohome am Rohrdamm verlassen. „Sie sind nach Mitte und Pankow umgezogen und haben eine Unterkunft mit Vollverpflegung, also ohne eigene Kochmöglichkeit, wie sie in der GU Columbiadamm vorhanden ist, akzeptiert“, sagte Berg.

Im Moment wird intensiv nach einem Ausweg aus der verfahrenen Situation gesucht. Berg sagte, das LAF und die Senatsverwaltung seien „zuversichtlich, dass sich eine Lösung des Konflikts zu finden lässt. Dabei stehen die Bedürfnisse der gehörlosen Geflüchteten weiterhin im Vordergrund, doch werben wir auch um Verständnis für die angespannte Situation bei der Unterbringung Geflüchteter in Berlin.“


Hier noch viel mehr Nachrichten aus Spandau

Sie wollen mehr aus Spandau lesen? Gerne. Dann empfehlen wir Ihnen unseren Spandau-Newsletter, in dem wir Ihnen exklusive Bezirksnachrichten bieten, Kiez-Debatten aufgreifen, viele Termine und Tipps nennen. Einmal pro Woche und kostenlos – und für jeden Berliner Bezirk – unter tagesspiegel.de/bezirke. Hier die Themen im aktuellen Spandau-Newsletter.

  • 20 schnelle Fakten zur Wahl im Rathaus Spandau
  • Homeoffice 1.0: Früher lebt der Bürgermeister im Rathaus - aber wer?
  • Großbaustelle in Staaken: 1. Simulationen vom Supermarkt am Brunsbütteler Damm
  • 4 statt 5 Fahrspuren: das Update zur Heerstraße und zur Stößenseebrücke
  • Nach 12 Jahren: endlich ein Imbiss fürs Freiherr-vom-Stein-Gymnasium
  • Sollte 2023 nicht die Gelbe Tonne für kommen?
  • 60-Mio-Projekt: Baustart an Spree Ecke Havel
  • Ideen für die neue Siemensstadt: mehr Grün, weniger Lkw
  • Nach Streit ums Flüchtlingscontainerdorf: Der Weg für die neue Schule am Rohrdamm ist frei
  • Kein Spam, sondern Spam-Festival: Spandau macht Alte Musik
  • Spandauer SV: erste Fanartikel
  • „Lauf der Sympathie“ mit Streckenänderung
  • Spendenaktion der Kirchen für die Ukraine: Wer hat abgelaufene Sanitätskasten?
  • Gottesdienst für Verliebte in St. Nikolai
  • ...das alles und noch viel mehr lesen Sie im aktuellen Spandau-Newsletter vom Tagesspiegel: tagesspiegel.de/bezirke.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false