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Berlin: Stress auf der Überholspur

Wie kommt man am bequemsten von Frankfurt nach Berlin? Vier Teams haben es ausprobiert: mit zwei Autos, per Bahn und im Flugzeug

Wer fährt wie ein Blöder, ist am Ende der Dumme. Diese Erkenntnis gewannen Journalisten von Hessischem Rundfunk (HR) und SFB, die zu einer Art Wettfahrt von Frankfurt am Main nach Berlin angetreten waren: Ein Team fuhr gemächlich Auto, ein zweites mit Bleifuß. Weitere Kollegen hatten sich per Bahn und Flugzeug auf die Reise gemacht. Ein Verkehrsmediziner schaute, wie es ihnen dabei erging. Am frühen Nachmittag waren alle in Berlin eingetroffen und verglichen, wie viel Zeit und Nerven die Reise sie gekostet hatte.

Vor der Tür parkten die beiden Opel-Kombis: ein schwarzer mit Dieselmotor, der aussieht wie das Gefährt eines sparsamen Vertreters. Daneben ein blauer, der mit seinen Spoilern leicht pubertär wirkt und bei Bedarf 240 Kilometer in der Stunde rennt. Mit ihm haben die Tester vier Stunden und eine Minute von Funkhaus zu Funkhaus gebraucht. Der Fahrer hatte eine durchschnittliche Pulsfrequenz von 88 Schlägen in der Minute – normal sind etwa 70. Und der Beifahrer litt mit. In der vom Mediziner ermittelten Stresskurve ist eindrucksvoll das Wohnmobil zu erkennen, das knapp vor den Rasern auf die Überholspur wechselte: eine Schrecksekunde mit Puls 130 für Fahrer und Beifahrer.

Ihre Kollegen im Dieselkombi fuhren völlig stressfrei: Durchschnittstempo 115, Puls 69, nur zwölf Mal bremsen auf 541 Kilometern, berichtet Beifahrer Rupert Heigel. „Und als wir ankamen, war der Tank noch halb voll.“ Mit 6,5 Litern Diesel pro 100 Kilometer haben sie sich vorangehungert, während die Kollegen 17,1 Liter teures Super verheizt haben. Macht vierfache Spritkosten, und zwischendurch tanken mussten die Raser auch. Am Ende haben sie 200 statt 50 Euro für den Kraftstoff bezahlt – für 50 Minuten Vorsprung.

Deutlich früher war der fliegende Kollege in Berlin: drei Stunden und fünf Minuten von Tür zu Tür. Das erst zwei Tage zuvor gekaufte Ticket kostete gut 150 Euro, und stressfrei wurde die Reise erst, nachdem die Maschine abgehoben hatte: Zeitdruck und die Suche nach Terminal und Sitzplatz trieben Puls (120) und Blutdruck (180) hoch. Eine Blitz-Umfrage des Journalisten unter Mitreisenden ergab, dass die meisten deshalb flogen, um nach getaner Arbeit nicht in Berlin übernachten zu müssen: „Die sagten, dass ihnen die Berliner Hotels entschieden zu teuer seien“, berichtete der Testpassagier.

Die Bahnfahrerin traf nach vier Stunden und 51 Minuten als Letzte ein und war gleich aus zwei Gründen fit: Mental, weil die Fahrt im ICE (1. Klasse, 140 Euro) erholsam war. Und körperlich, weil sie zuvor mit Puls 180 zum Bahnsteig gerannt war, um den Zug nicht zu verpassen. Ihr Handicap: Start und Ziel lagen näher an der Autobahn als am Bahnhof. Hätte die Frau ihre Fahrkarte früher gekauft, wäre sie billiger gefahren. Ihr Trost: Die Bahn bleibt das umweltfreundlichste Verkehrsmittel, und das Unfallrisiko der Autofahrer ist zig Mal höher – weil sie sich entweder zu Tode rasen oder einschlafen.

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