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Ivan Sagne wird bei der Protestaktion vor dem Brandenburger Tor versteigert.

© Thilo Rückeis

Symbolische Protestaktion in Mitte: Aktivisten versteigern Sklaven auf dem Pariser Platz

Eine ungewöhnliche Straßenaktion des Bündnisses "Gemeinsam für Afrika" sorgte am Freitag vor dem Brandenburger Tor für Aufsehen: Menschenrechtler inszenierten einen Sklavenmarkt.

„Zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten – verkauft!“, ruft Saskia Mommertz über den Sklavenmarkt auf dem Pariser Platz. Mit der ungewöhnlichen Straßenaktion möchte das Bündnis "Gemeinsam für Afrika" gegen moderne Sklaverei protestieren. Fünf junge Leute inszenierten dafür am Freitag vor dem Brandenburger Tor mit Masken und einem Käfig aus Bauzäunen eine symbolische Versteigerung von Sklaven für die Zuschauer.

Zum Anlass für bundesweite Aktionen nimmt das Bündnis von 20 Hilfsorganisationen jedes Jahr den internationalen Afrikatag am 25. Mai. An dem Gründungstag der Afrikanischen Union will "Gemeinsam für Afrika" auf die Probleme, aber auch auf die Potenziale des Kontinents aufmerksam machen. Dieses Jahr thematisiert das Bündnis die weltweite, moderne Sklaverei – die auch in Europa stattfindet.

„620 Euro für Yvan Sagne aus Kamerun! Wer bietet mehr?“, schallt es durch das Megafon. Ein Tomatenplantagenbesitzer aus Süditalien ersteigert den jungen maskierten Mann und verspricht ihm einen Tageslohn von 11,50 Euro. Und falls er gut arbeite, sei sogar noch mehr drin – nach den üblichen Abzügen der Kosten für Unterkunft und Essen natürlich. Wirklich versteigert wird hier niemand - die Aktivisten, die sich als Sklaven und deren Käufer ausgeben, wollen darauf aufmerksam machen, dass sich weltweit mindestens 21 Millionen Menschen in sklavenähnlichen Verhältnissen befinden.

60 Sklavinnen und Sklaven für jeden Menschen

Das hat auch mit dem Konsumverhalten der Menschen hierzulande zu tun: Besonders mit günstigem Gemüse aus Süditalien, Billigfleisch aus Deutschland und Blumen aus Kenia unterstütze man die brutale Ausbeutung von Arbeitnehmern, erklärt Susanne Anger, Pressesprecherin des Bündnisses, den ungefähr 50 Schaulustigen und Journalisten, die zu der Aktion gekommen waren.

Auch Lisha (22) aus Nigeria steht am Freitag im provisorischen Käfig. Angeworben in ihrem Heimatland mit einer verlockenden Zukunft in Europa wird sie nun für wenige hundert Euro als Prostituierte verkauft, sagt Sklavenhändlerin Mommertz. Lishas Käufer ist sich sicher, dass die junge Frau ohne Papiere in wenigen Tagen das Geld wieder einbringen werde – notfalls werde er sie schon dazu bringen, behauptet der Mann.

„Es gibt mehr Leute als wir denken, die Prostituierte aufsuchen – auch hier in Berlin“, sagt Sprecherin Anger. Genau wie die Ausbeutung auf Plantagen gehe das Problem von Zwangsprostitution von unserem Verhalten hier in Europa aus, so ihr Fazit.

Für die inszenierte Versteigerung dachten sich die Aktivisten ihre Figuren nicht einfach aus, erklärt Anger. Die Geschichten der Sklaven beruhen auf den Schicksalen von echten Betroffenen.

Erik Milas

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