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Tarifverhandlungen mit der Berliner BVG: Verdi entscheidet am Montagnachmittag über neuen Streik
Am Montag soll die Entscheidung fallen, ob Verdi die BVG ein drittes Mal bestreikt. Dies ist wahrscheinlich, denn auch das zweite Lohnangebot des Unternehmens reicht den Beschäftigten nicht.
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Seit fünf Wochen dauert der Streit ums Geld nun an. Am Montag geht die Tarifauseinandersetzung in eine neue Runde. Am Nachmittag tagt die Tarifkommission, anschließend soll die Entscheidung über einen möglichen neuen Streik verkündet werden. In den vergangenen Tagen hatte die Gewerkschaft ihre Mitglieder befragt, was sie von dem nachgebesserten Lohnangebot der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) halten.
Offenbar nicht viel. Verdi-Verhandlungsführer Jeremy Arndt hatte bereits direkt nach dem zweiten Lohnangebot gesagt, dass man in der Höhe und vor allem bei der Vertragsdauer noch weit auseinander liege. „Eine Laufzeit von vier Jahren ist für uns weiterhin völlig ausgeschlossen“, so Arndt.
Eigentlich sollte die Entscheidung schon am Freitag fallen. Unter dem Eindruck des Anschlags auf die Verdi-Demonstration in München am Donnerstag war dies verschoben worden, wie Gewerkschaftssprecher Kalle Kunkel gesagt hatte. Ein Afghane war mit einem Auto in den Aufzug gefahren, die Staatsanwaltschaft sprach von einer „islamistischen Tatmotivation“. Mittlerweile sind eine Frau und ihr zwei Jahre altes Kind den Verletzungen erlegen.
Bei der Sitzung der Tarifkommission dürfte es nicht darum gehen, ob gestreikt wird oder nicht, sondern darum, wie lange der dritte Warnstreik dauern soll. Dem Vernehmen nach reicht den Mitarbeitern auch das zweite Angebot ihres Unternehmens nicht. Bislang hatte es zwei jeweils 24-stündige Ausstände gegeben. Verdi hatte zugesichert, dass jeder Streik „mindestens einen Tag vorher“ angekündigt wird, damit sich die Fahrgäste darauf vorbereiten können.
Die BVG war ihnen vor zwei Wochen am dritten Verhandlungstag entgegengekommen. Statt 15 Prozent mehr Lohn wurden nun im Schnitt 17,6 Prozent über die gesamte Laufzeit bis Ende 2028 geboten. Vor allem die Fahrer würden profitieren. Denn ergänzend wurde, wie von Verdi gefordert, eine Angleichung von Wechselschicht- und Fahrerzulage auf jeweils 200 Euro monatlich angeboten.
Für Fahrer ergäbe sich damit eine Lohnsteigerung von 325 Euro pro Monat. Laut BVG wäre das ein Plus für Fahrer von 19,2 Prozent. „Ein finanzieller Kraftakt für die BVG“, hatte Verhandlungsführerin Jenny Zeller-Grothe gesagt. Im Gegenzug erwartet die Vorständin für Personal und Soziales ein Entgegenkommen bei der Laufzeit. „Diese gibt uns Planungssicherheit“, so Zeller-Grothe.
Am letzten Streiktag hatte Verdi auf einer Kundgebung ein Ultimatum gestellt: Wenn die BVG auch in der fünften Verhandlungsrunde am 21. März kein akzeptables Angebot vorlege, werde es eine Urabstimmung unter den Beschäftigten geben. Das hieße: unbefristeter Streik. Die nächste Verhandlungsrunde ist für den 26./27. Februar angesetzt, dann ist vier Wochen Pause bis zum 21. März. „Optional“ haben sich beide Seiten den 10. April als sechsten Termin im Kalender frei gehalten.
Ganz verkracht sind beide Seiten nicht. Arndt hatte bei der Arbeitgeberseite zuletzt in einigen Punkten ein „Entgegenkommen“ konstatiert. So sei positiv, dass die BVG nun erstmals einen Festbetrag angeboten habe sowie bei den Wechselschicht- und Fahrerzulagen einen einheitlichen Betrag. Das erste Angebot über 15 Prozent hatte Arndt noch als „Nebelkerze“ bemängelt.
Die Gewerkschaft hatte zu Beginn der Tarifauseinandersetzung im Januar erklärt, dass die Mitglieder vor allen Entscheidungen befragt werden solle. Dieses Vorgehen ist neu. Bislang hatte es zwei jeweils 24-stündige Streiks an Montagen gegeben, beide hatte Verdi mehrere Tage vorher angekündigt. Verhandlungsführer Arndt hatte im Januar versichert, dass die Bevölkerung „mindestens 24 Stunden“ Zeit bekomme, sich auf einen Streik einzurichten.
Im Tarifstreit geht um sehr viel Geld. Die Gewerkschaft fordert für die 16.000 Beschäftigten monatlich 750 Euro mehr Lohn, ein 13. Monatsgehalt, eine Fahrdienst- beziehungsweise Wechselschichtzulage in Höhe von 300 Euro sowie eine Schichtzulage von 200 Euro. Zusammen ist das ein Gehaltsplus von mehr als 30 Prozent für jeden Mitarbeiter. Die Kosten der Verdi-Forderung beziffert die BVG auf 250 Millionen Euro.
Seit mehr als 15 Jahren haben beide Seiten nicht mehr so weit auseinandergelegen. 2008, bei dem bislang härtesten Arbeitskampf, hatte Verdi die BVG in mehreren Wellen knapp sechs Wochen lang bestreikt.
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