Berlin: Taxivereinigung: Mehrheit der Fahrer betrügt Finanzamt
Laut Verband hinterziehen 70 Prozent der Chauffeure regelmäßig die Steuer. Grüne fordern, die Umsatzdaten sollten direkt am Taxameter abgelesen werden
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Die Berliner Taxivereinigung greift ihre eigene Zunft an: Mehr als 70 Prozent der Fahrer und Firmen würden regelmäßig bei den Abrechnungen betrügen. Dadurch gingen Steuereinnahmen in Millionenhöhe verloren, Sozialabgaben würden ergaunert. Ein Drittel der Gesamtumsätze werde nicht angegeben, schätzt die Taxivereinigung. So entstehe jährlich ein wirtschaftlicher Schaden von 50 Millionen Euro. Der Senat habe bisher kaum reagiert, ehrliche Kollegen müssten tatenlos zusehen, wie ihr Ruf ruiniert wird.
„15 000 Fahrer und mehr als 6000 Taxikonzessionen sind allerdings auch schwer zu überprüfen“, räumt der Taxiausbilder und Sprecher der Taxivereinigung, Matthias Bornschelm, ein. Die Vereinigung selbst vertritt etwa 1000 Fahrer.
Bornschelm will betrügerischen Fahrern nun gemeinsam mit den Grünen das Handwerk legen: Einmal im Jahr werden die Taxameter vom Eichamt überprüft. Anstatt auf den möglicherweise gefälschten Geschäftsbericht der Taxiunternehmen zu warten, sollen Mitarbeiter der Finanzämter direkt bei der Eichung die Umsatzdaten des Taxameters ablesen. „Das Problem wäre also einfach zu lösen“, sagt die Verkehrsexpertin der Grünen, Claudia Hämmerling. Die Stadt habe jeden Euro bitter nötig.
Einige Firmen dürfte es inzwischen eigentlich gar nicht mehr geben, weil sie regelmäßig niedrigere Einnahmen angeben als sie Ausgaben verzeichnen, beschweren sich Taxiunternehmen. „Bei mir haben sich Fahrer beworben, die von vorne herein verlangt haben, ein Teil der Umsätze schwarz ausgezahlt zu bekommen“, sagt Bornschelm. Viele Chauffeure würden Jobangebote nur noch ohne Lohnsteuerkarte annehmen. „Ehrliche Unternehmen haben das Nachsehen, denn ihnen laufen die Fahrer weg“, beschwert sich Bornschelm.
Angesichts der sinkenden Fahrgastzahlen sieht auch die größere Taxiinnung in den Betrügern ein wachsendes Problem: Sie nähmen der legalen Konkurrenz die Kunden weg. Generell gebe es in Berlin aber vor allem zu viele Konzessionen – 6660 Taxis sind hier zugelassen. 5500 Wagen seien jedoch derzeit ausreichend. Dem widerspricht die Taxivereinigung: „Wer Fahrgäste sucht, findet auch welche“, heißt es.
Auch der dritte Branchenverein, der Taxiverband Berlin-Brandenburg, ärgert sich eher über die weitverbreitete Schwarzarbeit, als über zu viele Taxis. Vom Vorschlag der Grünen hält Geschäftsführer Detlev Freutel aber wenig: „Die Taxameter sind leicht zu manipulieren, bevor sie das Eichamt zu sehen bekommt.“ Er befürwortet eine automatische Datenverbindung zwischen Taxi und Behörden. „In Skandinavien werden die Umsatzdaten per Funk übertragen.“ Nur so könne man Betrug verhindern.
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