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Tödliche Raser-Unfälle in Berlin: Herzkrank oder Autorennen – die Schuld ist nicht gleich
Ein Senior tötet mit Tempo 90 eine Frau und ihr Kind, nun erging ein mildes Urteil gegen ihn. Mit Nachsicht dürfen zwei Raser nicht rechnen, bei deren Rennen tags zuvor eine Frau starb.

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Wieder ist ein Mensch auf Berlins Straßen getötet worden, denn zwei Männer in PS-starken SUV lieferten sich ein Rennen. Das war am Donnerstag in Oberschöneweide. Ein 33-Jähriger raste gegen eine 65-Jährige, die Frau wurde 30 Meter durch die Luft geschleudert. Sie starb. Einen Tag später verurteilte das Amtsgericht Tiergarten einen 84-Jährigen. Am 9. März fuhr er auf der Leipziger Straße in Mitte, wo Tempo 30 gilt, mit 90 Kilometern pro Stunde auf der Busspur, dann auf dem Radweg. Dort erfasste sein Wagen eine Mutter und deren Sohn.
Die Familie, Touristen aus Belgien, hatte die Straße an einer Stelle ohne Ampel oder Zebrastreifen überquert, es war zäher Verkehr, ein Auto ließ sie rüber, auf der anderen Straßenseite wurden Frau und Kind schwer verletzt. Später starben sie im Krankenhaus. Ihr Mann musste alles mit ansehen. Obwohl er lebt, ist sein Leben für alle Zeit zerstört. Das Urteil der Richter für den 84-Jährigen lautet nun auf fahrlässige Tötung und weitere Taten: zwei Jahre Haft, ausgesetzt zur Bewährung.
Eine viel zu milde Strafe, mögen sich nicht wenige empören. Doch das ist nicht angebracht, im Rechtsstaat gilt nicht Volkes Zorn, die Gerichte müssen die Umstände des Einzelfalls ergründen. Darauf hat auch ein Recht, wer Schuld auf sich lädt. Für den Zeitpunkt des Unfalls war der 84-Jährige nicht schuldfähig.
Kurz vor dem Unfall hatte er einen Anfall, verlor das Bewusstsein und die Kontrolle. Seine Schuld: Er hatte sich ans Steuer gesetzt, obwohl er herzkrank ist und wusste, dass er jederzeit ohnmächtig werden könnte. Nun nimmt der Mann seine Schuld mit ins Grab.
Dieser Fall unterscheidet sich von Raserfällen wie von jenem vom Donnerstag. Dort haben zwei Männer bewusst ein Rennen begonnen, sind über eine weitere Kreuzung und vorbei an einer schlecht einsehbaren Einfahrt zum FEZ gerast. Noch wird wegen fahrlässiger Tötung ermittelt.
Nach allem, wie sich Rechtsprechung und Gesetzeslage entwickelt haben, kann mit aller Vorsicht prognostiziert werden: Bei diesem Vorwurf und bei einer Bewährungsstrafe wie beim 84-Jährigen dürfte es nicht bleiben. Denn wer so rast, muss damit rechnen, dass ein Mensch getötet wird.
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