Von Tag zu Tag: Toleranzstraße
Stephan Wiehler schüttelt mit dem Kopf, wenn Köpfe rollen sollen
Freiheit oder Sozialismus? – Der Kampf geht weiter. Der Kopf des Revolutionsführers Lenin ist gerade gerollt, nachdem ausgerechnet die Botschaft der russischen Föderation dessen letztes verbliebenes Konterfei aus dem Berliner Stadtbild entfernt hat, da sieht Stasi-Gedenkstättenchef Hubertus Knabe die Chance zu einem weiteren Punkterfolg. In der Frage der Ehrung für den großen Kommunistenfresser Ronald Reagan schlägt Knabe jetzt vor, dem US-Präsidenten eine jener Straßen zu widmen, die bisher nach einer Sozialisten-Ikone benannt ist. Was das bedeuten könnte, hatten Unbekannte schon in der Nacht zu Sonnabend demonstriert, als sie Straßenschilder am Rosa-Luxemburg-Platz kurzerhand mit dem Namen Reagans überklebten. Im anliegenden Karl-Liebknecht-Haus, der Parteizentrale der Linken, wird man diesen Adressvorschlag sicher nicht widerstandlos akzeptieren. Das alles erinnert an den erbitterten Straßenkampf nach dem Fall der Mauer, als man mehr oder weniger belastete Namen aus dem Ost-Berliner Stadtbild tilgte. Auch die Wilhelmstraße galt als einstiger Sitz von Hitlers Reichskanzlei als umbenennungswürdig – und sollte Toleranzstraße heißen. Ist nie was draus geworden. Schade eigentlich. (Seite 14)