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Berlin: Träume, Teufel, Taillen: Das Kostümfest der Cineasten

Am Potsdamer Platz sind die echten Kinogewänder zu sehen – von Romy Schneiders blassblauer Robe bis hin zu Peter Ustinovs Pelz

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„Mein Gott, war die dünn“, sagt im Filmhaus am Potsdamer Platz eine Besucherin neidisch beim Anblick einer blassblauen Robe im Empirestil. Mit zwei Händen vermeint man die schmale Taille umfassen zu können, vermeintlich nur ein Kind kann da hineingepasst haben. Getragen hat das mit goldenen Lorbeerkränzen bestickte Gewand aber Romy Schneider als „Die schöne Lügnerin“ in dem gleichnamigen Film von 1959 – 21 Jahre war sie damals alt. Nicht so prunkvoll gekleidet, aber ebenso kindhaft zart war sie ein Jahr zuvor als „Mädchen in Uniform“ auf der Leinwand zu sehen – das graue Kleid mit der gestreiften Schürze ist ebenfalls in der Ausstellung „Filmkostüme“ im Museum für Film und Fernsehen zu sehen.

Filmfreaks können sich dort entzückt cineastischen Erinnerungen hingeben – sieht man doch zu den ausgestellten Kostümen gleichzeitig auf großen Monitoren deren Träger in dem jeweiligen Film. So kann man nochmals Horst Buchholz 1957 als knabenhaft eleganten Hotelpagen in den „Bekenntnissen des Hochstaplers Felix Krull“ bewundern; Hanna Schygulla 1979 im unauffälligen Rock-Jacke-Look ihrer „Ehe der Maria Braun“ oder Barbara Sukowa 1981 im goldgepunkteten schwarzen Korsagenkleid als „Lola“ im gleichnamigen Film. Auch den betörend schönen Curd Jürgens 1955 als „Des Teufels General“ und den imposanten Peter Ustinov 2003 in „Luther“. Der Anblick seines ausgestellten, prachtvollen Kostüms mit Samt und Pelz lässt ahnen, wie schwer der gewichtige Star als Kurfürst Friedrich der Weise in diesem Film zu tragen hatte. Regelrecht berauscht macht der Besuch der „Filmkostüme“ – 38 Originalkostüme deutscher und internationaler Stars sind zu sehen, passend dazu 32 Filmausschnitte.

Eine Berliner 100-Jährige wird dergestalt am Potsdamer Platz gewürdigt – das Unternehmen Theaterkunst. In der Oranienburger Straße 59 wurde 1907 Deutschlands traditionsreichstes Kostümhaus gegründet – Anlass genug, dessen 100-jährige Ausstattung für Film, Fernsehen und Bühne jetzt mit einer Ausstellung zu würdigen.

Das heute außer in Berlin auch in Hamburg, Köln und München vertretene Kostümhaus verfügt über etwa 10 Millionen Kostümteile, darunter etwa 3,5 Millionen moderne und etwa 4 Millionen historische Kostümstücke, auch 2,3 Millionen Accessoires und etwa 200 000 Uniformteile.

Von allem ist am Potsdamer Platz etwas zu sehen – neben den ausgestellten Kostümerinnerungen an Filme und deren Stars wie Mario Adorf, David Bowie, Klaus Kinski, Sydne Rome und Lilli Palmer ist vor allem auch der Blick hinter die Kulissen der Traumfabrik interessant. Da sind schier überquellende Werkstatt- und Fundusräume aufgebaut – unter anderem auch mit Ausstattungsteilen für den jüngsten Fernsehfilm „Der geheimnisvolle Schatz von Troja“. Da kann man sich im Film über die Arbeit der Kostümbildner vom ersten Entwurf bis zu den Anproben mit den Darstellern informieren, und da kann man anhand der Geschichte der heutigen Theaterkunst GmbH auch ein Stück deutsche Vergangenheit verfolgen. Hermann J. Kaufmann, der die Theaterkunst mit Ausstattungen für Filme wie „Metropolis“ und „Ben Hur“ zu internationalem Ruhm führte, starb 1942 in Brüssel als Jude in der Illegalität an Herzversagen.

Heidemarie Mazuhn

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