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Jährlich stellen immer noch Zehntausende Anträge auf Einsicht von Stasi-Akten. (Symbolbild)

© Patrick Pleul/dpa

Trotz hoher Nachfrage: Bundesarchiv ringt um Lösungen für zerrissene Stasi-Unterlagen

Die Unterlagen der DDR-Staatssicherheit sind seit 2021 im Bundesarchiv untergebracht. Das Interesse an Einsicht ist weiter rege. Ein sehr spezielles Problem wartet allerdings auf eine Lösung.

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Auch mehr als 35 Jahre nach der Deutschen Einheit fehlt eine technische Lösung, um in der Wendezeit zerrissenen Stasi-Akten wieder lesbar zu machen. Man nutze vorerst weiter „manuelle Rekonstruktion“ – also das händische Zusammensetzen der Papierschnipsel, heißt es im neuen Tätigkeitsbericht des Bundesarchivs zu den Akten der Staatssicherheit. 

Mitarbeiter des DDR-Geheimdiensts hatten während der friedlichen Revolution 1989 und 1990 Millionen Seiten Akten zerrissen, die seither von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zusammengepuzzelt werden. Binnen zwei Jahren gelang dies bei 23.000 Blatt, wie es im Tätigkeitsbericht heißt.

Insgesamt wurden den Angaben zufolge im Laufe der Zeit auf diese Weise 1,73 Millionen Blatt aus 600 Behältnissen rekonstruiert. 15.400 Behältnisse mit Schnipseln waren eingelagert worden. Derzeit sind etwa zehn Personen mit der Aufgabe beschäftigt.

IT-Versuch wurde gestoppt

Ein 2007 gestarteter Versuch für eine IT-gestützte virtuelle Rekonstruktion wurde 2023 gestoppt. Das System sei „für ein Massenverfahren zur Verarbeitung des insgesamt noch vorhandenen, zerstörten Schriftguts“ nicht geeignet gewesen, heißt es im Bericht.

Ab Mitte 2023 sei man in einem neuen Interessenbekundungsverfahren mit Firmen und Hochschulen ins Gespräch gekommen. Notwendig wäre jetzt ein „überschaubares Pilotprojekt“, heißt es weiter. Das Geld für die virtuelle Rekonstruktion sei jedoch nicht im Haushalt des Bundesarchivs eingeplant.

Etwa 30.000 Anträge pro Jahr

Interesse an den Akten der Staatssicherheit, in denen oft Informationen über die Abläufe der Überwachung und Namen der Spitzel stehen, besteht laut Bericht weiter. 2022 wurden rund 34.000 Bürgeranträge auf Akteneinsicht registriert, 2023 waren es gut 37.600, 2024 knapp 30.000. Seit Inkrafttreten des Stasi-Unterlagen-Gesetzes Ende 1991 wurden laut Bericht insgesamt rund 3,5 Millionen Anträge gestellt. Davon seien 17.000 noch nicht abschließend erledigt, hieß es weiter.

Den Tätigkeitsbericht übergaben Kulturstaatsminister Wolfram Weimer und die Spitzen des Bundesarchivs in Berlin an Bundestagspräsidentin Julia Klöckner. Das Bundesarchiv hatte die Akten 2021 von der früheren Stasi-Unterlagen-Behörde übernommen. Weimer erklärte, es sei wichtig, die Bestände weiter zugänglich zu machen, vor allem den vom Unrecht Betroffenen.

Bundesarchiv: Es fehlt Geld

Bundesarchiv-Präsident Michael Hollmann warnte, es erfülle ihn mit Sorge, dass „unsere finanzielle Ausstattung nicht Schritt hält mit den gewachsenen Pflichtaufgaben und den immer höheren Erwartungen“. 

Unabhängig von den schleppenden Versuchen der virtuellen Rekonstruktion von zerrissenen Akten setzt das Bundesarchiv auf Digitalisierung von Millionen Karteikarten und Dokumenten. „Ziel ist es, in einem weiteren Schritt die Texterfassung und Recherchierbarkeit in einer Datenbank mittels Künstlicher Intelligenz herzustellen“, heißt es im Bericht. (dpa)

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