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Passt perfekt zu seinem medialen Tamtam: Gedichte? Von Weimer? Ja, das auch noch
Ein großer Spaß, der ins Weimer-Wimmelbild passt: Mit Anfang 20 hat der Kulturstaatsminister einen Lyrikband veröffentlicht, und jetzt gibt es die Besprechungen dazu. Reicht es nicht langsam?

Stand:
Es vergeht kein Tag, an dem die Social-Media-Abteilung des Kulturstaatsminister Wolfram Weimer nicht eine Erfolgsmeldung oder Frisch-Fröhliches aus dem Hause Weimer in die Welt schickt, kein Tag, an dem nicht eine Pressemeldung im E-Mail-Postfach liegt, Meldungen wie „Auf Initiative des Staatsministers für Kultur und Medien, Wolfram Weimer, vergibt die Deutsche Akademie Rom Villa Massimo in diesem Jahr erstmals das ,Johanna und Eduard Arnhold-Stipendium’“.
An diesem Mittwoch aber herrscht noch Ruhe im eigenen Haus, und das nicht, weil Weimer im Bundestag der Generaldebatte beiwohnt. Es ist dies der Tag, an dem es erste Besprechungen von Wolfram Weimers Frühwerk gegeben hat, von Gedichten, die er als Anfang Zwanzigjähriger geschrieben hatte.
Jan Böhmermann hat sofort ein Weimer-Gedicht verfasst
Vielleicht tüftelt man im BKM-Bau gerade noch an launigen Re-Posts; vielleicht aber lässt es die Weimer-Behörde auch einfach laufen, schweigt oder reagiert schwerfällig, wie sie das zuletzt bei den unangenehmen Geschichten über die Weimer Media Group und die mögliche Vermischung Weimers von Amt und eigenen ökonomischen Interessen der Fall war.
Gedichte? Von Weimer? Ja, das auch noch. Sie sind 1986 im Selbstverlag mit dem Titel „Kopfpilz“ erschienen, lange vergriffen, aber eben jetzt aufgestöbert. Es stellt sich die Frage, ob es die mediale Aufregung darum wirklich braucht, Aufregung, die natürlich in Form von Spott und Hohn um die Ecke kommt. Zitiert sei nur das Gedicht, das Jan Böhmermann zu Weimers Ergüssen getextet hat: „Da stand er,/ Maul voll Schweigen, /und schluckte/ seinen eigenen/Saft.“
Es ist billiger Spott und Hohn. Wie Millionen andere jugendliche Verfasserinnen und Verfasser von Lyrik hatte Weimer nicht das Talent einer Nelly Sachs oder eines Tomas Tranströmer (um einfach einmal zwei Große aus der Lyrik-Zunft zu nennen), sind seine Gedichte überdies recht unappetitlich und eklig, und wie all die anderen will er davon verständlicherweise nichts mehr wissen.
Nun könnte all das dem Kulturstaatsminister aber doch wieder gut zupasskommen, nicht nur, weil er damit anders als bei der Weimer-Group-Affäre nicht in die politische Bredouille gerät. Denn die Entdeckung seiner Lyrik passt perfekt zu dem medialen Tamtam, das Weimer seit seinem Amtsantritt aufführt.
Und das im Verein mit seinen schönen, intellektuell anmutenden, manchmal ganz schön schiefen, aber auch markigen (Google, KI!) Reden darüber hinwegtäuscht, dass er kulturpolitisch noch nicht allzu viel auf den Weg gebracht hat.
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