Berlin: Trotz Stillstand - Das Verkehrschaos blieb aus
Der Warnstreik von rund 20 000 Berliner Beschäftigten des öffentlichen Dienstes ist gestern Morgen ohne größere Probleme abgelaufen. Das befürchtete Verkehrschaos im Berufsverkehr blieb aus, auch wenn in den Morgenstunden mehr Autos als gewöhnlich auf den Straßen rollten.
Der Warnstreik von rund 20 000 Berliner Beschäftigten des öffentlichen Dienstes ist gestern Morgen ohne größere Probleme abgelaufen. Das befürchtete Verkehrschaos im Berufsverkehr blieb aus, auch wenn in den Morgenstunden mehr Autos als gewöhnlich auf den Straßen rollten. Viele Berufstätige waren auf das Fahrrad umgestiegen, andere waren auf die nicht bestreikte S-Bahn ausgewichen. Verkehrsbeeinträchtigungen gab es allerdings durch die verschiedenen Demonstrationen der Streikenden, zum Beispiel am Platz der Luftbrücke oder vor dem Innenministerium (Alt-Moabit).
An den Protestaktionen beteiligten sich unter anderem die Mitarbeiter von BVG, BSR und den Wasserbetrieben, Erzieherinnen aus den Kindertagesstätten und Krankenhausmitarbeiter. Aufgerufen hatten die Gewerkschaften ÖTV, DAG und GEW. Senatssprecher Michael-Andreas Butz übte scharfe Kritik. "Mit der Lähmung von BVG-Linien und Stilllegung von Kindergärten werden im Vorfeld von Tarifverhandlungen Machtspiele auf dem Rücken von Unbeteiligten ausgetragen", sagte Butz. Dies sei für die Berliner unverständlich und unangebracht. Berlin habe für seine Beschäftigten die Ost-West-Angleichung vollzogen.
Bei der BVG fuhren in der Frühe bis 8.30 Uhr keine Bahnen und Busse. Danach wurde der Verkehr aufgenommen. Gegen 10 Uhr lief der öffentliche Nahverkehr weitgehend wieder normal. Nur in Lichtenberg und Weißensee hatten Busse und Straßenbahnen Schwierigkeiten, wegen Verkehrsstaus den Betriebshof zu verlassen. Die meisten Fahrgäste reagierten gelassen auf die Einschränkungen. Entlastend wirkte sich aus, dass viele Berliner noch in den Osterferien sind.
Nach Gewerkschaftsangaben war rund die Hälfte der städtischen Kindertagesstätten bis 10 Uhr geschlossen. Die Eltern der betroffenen Kinder waren in der Regel schon seit Tagen auf die Streikaktionen vorbereitet worden. In Einzelfällen, beispielsweise bei der Charlottenburger Kita an der Warburgzeile, hatten Eltern jedoch erst am Mittwochnachmittag davon erfahren.
Im Bereich der Stadtreinigung verließen die Wagen der Müllabfuhr erst gegen acht Uhr die Betriebshöfe, und auch die Straßenreiniger begannen zwei Stunden später als gewöhnlich - um 7 Uhr - mit ihrer Arbeit. Gegen Mittag beteiligten sich auch die Schleusenwärter an dem Ausstand, so dass kurzzeitig der Schiffsverkehr ruhte. Am Krankenhaus Neukölln blockierten 150 Mitarbeiter - Pflegepersonal und Ärzte - eine halbe Stunde lang die Rudower Straße.
Der Berliner DAG-Vorsitzende Hartmut Friedrich warnte auf einer Demonstration vor dem Innenministerium vor einem "Streik-Flächenbrand", sollten die Arbeitgeber heute nicht ein "verhandlungsfähiges Angebot" vorlegen. Bei einer Kundgebung vor dem Kanzleramt nannte die ÖTV-Chefin Susanne Stumpenhusen es abenteuerlich, wenn es der "hartleibige Verhandlungsführer" des Bundes, Innenminister Schily, seinen obersten Bundesbehörden gestatte, Beschäftigte zunächst im Tarifgebiet West einzustellen und diese anschließend ins Tarifgebiet Ost wechseln zu lassen, "um in Einzelfällen Probleme bei der Personalgewinnung" zu lösen. Heute werden sich die Warnstreikaktionen lediglich auf drei Landeseinwohnerämter beschränken, die erst gegen 9.30 Uhr öffnen werden.
sik, -ry