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Umkämpftes Haus in der Berliner Habersaathstraße: Amtsgericht Mitte weist Räumungsklage des Vermieters ab
Seit Jahren versucht der Eigentümer, das umkämpfte Haus in der Habersaathstraße zu räumen und neu zu bauen. Das Gericht urteilte nun gegen ihn – und ordnete an, die Wohnungen angemessen zu beheizen.
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Das Amtsgericht Mitte hat am Mittwoch eine Räumungsklage abgewiesen, mit der der Eigentümer des umkämpften Hauses in der Habersaathstraße 40–48 in Berlin-Mitte eine Langzeitmieterin aus ihrer Wohnung drängen wollte. Die Mieterin darf in ihrer Wohnung bleiben, wie aus einer Mitteilung des AG Mitte hervorgeht. Zudem entschied das Gericht, dass der Eigentümer die ordnungsgemäße Beheizung der Wohnungen wiederherstellen muss.
Es ist bereits das zweite Mal, dass der Eigentümer des Gebäudes, die Arcadia Estates, versucht hat, die Wohnung der Mieterin zu räumen. Als Begründung führte das Unternehmen an, eine Räumung des Gebäudes mit darauffolgendem Abriss und Neubau sei die „einzig wirtschaftlich vertretbarer Möglichkeit der Verwertung des Grundstücks“, wie das AG Mitte mitteilte. Die Kündigung, die das Unternehmen der Mieterin 2022 ausgesprochen hatte, war in beiden Instanzen gescheitert.
Ersatzheizung erreicht maximal 20 Grad
Um eine Räumung des Gebäudes zu erzwingen, hatte der Eigentümer zum 1. November hin die Fernwärmeversorgung beendet. Daraufhin klagte die Mieterin. Auch in diesem Fall entschied das Gericht gegen das Unternehmen: Ölradiatoren würden „keinen geeigneten Ersatz für eine ordnungsgemäße Fernwärmeversorgung“ darstellen. Laut der Mieterin erreichen die Geräte maximal eine Temperatur von 20 Grad.
Laut dem Berliner Mieterverband (BMV) sind neben den fünf Langzeitmietern etwa 200 weitere Bewohner im Gebäude von der eingestellten Fernwärmeversorgung betroffen. „Es ist infam, den vertragsgemäßen Zustand nicht wiederherzustellen“, teilte der Geschäftsführer des BMV, Sebastian Bartel, mit. „Das Urteil sendet ein deutliches Signal an Eigentümer:innen, dass ihre Pflichten ernst genommen werden.“
Seit Jahren versucht die Hauseigentümerin, die Arcadia Estates, das Gebäude vollständig zu räumen, um es abreißen zu können. Das Bezirksamt Mitte hat den Abriss des Gebäudes und den darauffolgenden Neubau zwar genehmigt. Derzeit gibt es in dem Gebäudekomplex jedoch fünf unbefristete Mietverhältnisse – solange diese bestehen, kann der Abriss nicht beginnen.
Richter sieht „Fehlkalkulation“ des Unternehmens
Gerichte entschieden bereits mehrfach, dass der Eigentümer die Verträge nicht nur kündigen kann, um die Rendite zu maximieren, die er durch die Verwendung des Grundstücks erzielt. Dies bekräftigte der Richter am Amtsgericht Mitte nun abermals. Laut BMV teilte er dem Anwalt von Arcadia Estates mit: „Es lag wohl eine Fehlkalkulation vor. Sie hatten Kenntnis vom Zustand des Objekts.“ Damit bezog er sich auf Modernisierungsmaßnahmen, die das Unternehmen zunächst angesetzt, dann aber verworfen hatte. Stattdessen wurde entschieden, das Gebäude abzureißen und neu zu bauen.
Der Erneuerungsbedarf rechtfertige jedoch keinen Abriss, wie das Amtsgericht mitteilte. Es sei „auch unter Erhalt der Bausubstanz mit vertretbarem Aufwand möglich, die Wohnung in einen Zustand zu versetzen, der einer angemessenen Wohnraumversorgung entspreche“. Das Unternehmen hätte sich demnach vor Erwerb des Gebäudes ein Bild von den „baulichen Verhältnissen“ machen können. Dass dies nicht geschah, dürfe nicht zu Lasten der Mieter gehen.
Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig. Die Arcadia Estates kann Berufung zum Landgericht Berlin II einlegen. Dem AG Mitte liegen derzeit vier weitere Räumungsklagen des Unternehmens für Wohnungen in der Habersaathstraße vor.
Um Mieter aus dem Gebäude zu drängen, ergriff die Arcadia Estates zuletzt immer drastischere Maßnahmen. Vor sechs Wochen hatte das Unternehmen ohne gerichtliche Befugnis eine Security-Firma damit beauftragt, mehrere Personen aus dem Gebäude zu bekommen – darunter eine reguläre Mieterin. Diese alarmierte die Polizei. Letztlich konnte sie in der Wohnung bleiben. Zudem wurde das Wasser im Gebäude abgestellt.
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