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Verlag stoppt Auslieferung ihres Buches: Identität von angeblicher Berliner Clan-Aussteigerin zweifelhaft
Sie schrieb ein Buch über ihre Zeit in einer Clan-Familie und gab als angebliche Aussteigerin zahlreiche Interviews. Der Verlag hat die Auslieferung des Buches nun zurückgezogen – aus Zweifel an ihrer Identität.
Stand:
Der Heyne Verlag hat wegen Zweifeln an der Identität der Autorin die Auslieferung des Buches „Ein Leben zählt nichts – als Frau im arabischen Clan“ gestoppt. „Solange sich die Sachlage nicht als eindeutig und juristisch geklärt darstellt, halten wir das für die adäquate Maßnahme“, teilte der Münchner Verlag auf Anfrage mit. Zuvor hatte das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) darüber berichtet.
Auf der Internetseite von Heyne ist das rund 250 Seiten lange Werk nicht mehr abrufbar. Nach und nach werde die Umsetzung des Auslieferungsstopps auch auf diversen Händlerportalen sichtbar sein, teilte der Verlag nun mit.
Buch über gewalttätige Großfamilie
Die Frau unter dem Pseudonym Latife Arab hatte im März 2024 ein Buch über ihren angeblich schon länger zurückliegenden Ausstieg aus einer gewalttätigen Großfamilie veröffentlicht. Dabei schilderte sie kriminelle Geschäfte eines früheren Clans im Ruhrgebiet mit Drogenhandel, Diebstählen, Überfällen, Menschenhandel, Schutzgelderpressung und Sozialhilfebetrug. Auch dem Tagesspiegel gab sie dazu im März 2024 ein Interview. Später war in Medienberichten der Wahrheitsgehalt des Buchs in Zweifel gezogen worden.
Ausweisdokumente und Gespräche
Anlass für Zweifel sah der Verlag bei der Arbeit am Buch vor der Veröffentlichung nicht. Die Autorin habe in mehreren Gesprächen und Video-Telefonaten bestätigt, einem Clan anzugehören. Zudem seien dem Verlag und verschiedenen Medien ursprünglich auch Ausweisdokumente vorgelegt worden, die sich im Nachhinein als „wahrscheinlich gefälscht“ erwiesen hätten, so Heyne. Bezeichnenderweise berufe sich die Autorin nicht mehr auf diese.
Der Verlag berief sich auf Recherchen des RND über Zweifel an der Identität der Autorin, über die im Dezember bereits der „Spiegel“ berichtet hatte. Die aktuellen Erkenntnisse habe der Verlag nun zu bewerten und zu gewichten. „Über mögliche weitere Konsequenzen werden wir zu gegebener Zeit beschließen“, hieß es von Heyne.
Anwalt: Erhebliches Leid erlitten
Der Anwalt der Frau erklärte, seine Mandantin sei „überrascht über die Schritte des Verlages, nachdem das Buch schon sehr lange Zeit und erfolgreich auf dem Markt“ sei. „Unserer Mandantin war und ist immer an einer guten Zusammenarbeit mit dem Verlag interessiert“, teilte Dominik Höch auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. „Unsere Mandantin sieht sich nur nicht in der Pflicht, Angaben zu ihrer „Identität“ zu verifizieren, nachdem diese beim Zustandekommen des Buches keine nachhaltige Relevanz gehabt haben.“
Der Anwalt betonte, die Frau habe erhebliches Leid in ihre Familie erlitten. Mit dem Buch habe sie die Öffentlichkeit aufmerksam machen wollen über diese Situation von Frauen in solchen Familien. „Darum hat sie ein - anonymisiertes - Buch geschrieben, nicht um „groß rauszukommen“, sondern um aufzuklären.“
Der Begriff Clankriminalität ist umstritten, weil er nach Ansicht von Kritikern Menschen mit Migrationshintergrund alleine aufgrund ihrer Familienzugehörigkeit und Herkunft stigmatisiert und diskriminiert. (dpa)
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