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Die Schoah-Bagatellisierung auf Demos der sogenannten Querdenker-Bewegung sei für Jüdinnen und Juden unerträglich, sagt Königsberg.

© Christophe Gateau/dpa

„Viel zu lange weggeschaut“: Antisemitismusbeauftragter kritisiert Berliner Behörden

Gegen Corona-Demonstrationen mit rechtsradikalem Einschlag wurde lange zu wenig getan, sagt Sigmount Königsberg von der Berliner Jüdischen Gemeinde.

Der Antisemitismusbeauftragte der Berliner Jüdischen Gemeinde, Sigmount Königsberg, wirft den Behörden vor, in den vergangenen beiden Pandemie-Jahren zu langsam auf die wachsende Judenfeindlichkeit in Teilen der Gesellschaft reagiert zu haben. Es sei im Jahr 2020 und in Teilen auch 2021 „viel zu lange weggeschaut worden“, sagte Königsberg dem Evangelischen Pressedienst (EPD) in Berlin.

Königsberg äußerte sich anlässlich der für Dienstag geplanten Vorlage des ersten Umsetzungsberichts zur Antisemitismus-Prävention in der Hauptstadt.

Er betonte, rechtsextreme Aktivisten wie der Vegankoch Attila Hildmann hätten ihre Hasstiraden viel zu lange ungestört öffentlich verbreiten können, es habe viel zu wenig behördliche Maßnahmen gegen Demonstrationen von Corona-Leugnern und Kritikern der staatlichen Corona-Maßnahmen mit eindeutig rechtsradikalem Einschlag gegeben.

Mittlerweile sei die Sensibilisierung der Berliner Behörden beim Thema Antisemitismus aber eindeutig besser geworden, sagte Königsberg.

Gerade die Schoah-Bagatellisierung auf Demonstrationen der sogenannten Querdenker-Bewegung sei für Jüdinnen und Juden unerträglich: „Das ist eine Ohrfeige für jeden, der die Schoah überlebt hat und auch für seine Nachkommen.“ Die Polizei sei lange Zeit auf diese Radikalisierung nicht vorbereitet gewesen, wie der versuchte Sturm auf das Reichstagsgebäude im August 2020 gezeigt habe. „Das war alles kein Ruhmesblatt“, sagte Königsberg.

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Hinzu gekommen seien 2021 massive Attacken auf Berliner Jüdinnen und Juden im Zuge des Nahostkonflikts. Rund um den sogenannten Nakba-Tag am 15. Mai 2021 seien so viele Angriffe auf Juden in Berlin festgestellt worden, wie noch nie zuvor.

Unter anderem sei am S-Bahnhof Friedenau einem Mann die Kippa vom Kopf geschlagen worden und am Hermannplatz seien jüdische Menschen angepöbelt worden, weil sie einen Davidstern trugen. Am Nakba-Tag gedenken die Palästinenser der Flucht Hunderttausender Menschen im Zuge der Staatsgründung Israels 1948.

Am Dienstag will der Berliner Antisemitismusbeauftragte Samuel Salzborn den ersten Umsetzungsbericht zur Antisemitismus-Prävention in der Hauptstadt vorstellen. Der Politikprofessor ist seit August 2020 in dem Amt. Seitdem habe sich einiges verbessert, sagte Königsberg. Mit Salzborn gebe es eine sehr vertrauensvolle Zusammenarbeit: „Wir können oft gemeinsam Probleme und Vorkommnisse klären, bevor sie eskalieren.“

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Auch die Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden sei besser, seitdem die Antisemitismusbeauftragten bei der Berliner Generalstaatsanwaltschaft und der Polizei, Claudia Vanoni und Wolfram Pemp, ihr Amt übernommen haben. Bei der Polizei sei der antisemitische Charakter von Straftaten in der Vergangenheit oft „hinten runtergefallen“. „Das ist so gut wie nicht mehr der Fall“, sagte Königsberg. (epd)

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