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„Völlig legale Meinungsäußerungen“: AfD attackiert „Berliner Register“ für Meldungen diskriminierender und rechtsextremer Vorfälle
Die AfD stört sich an den Registern, die in den Bezirken Diskriminierung und rechtsextreme Aktivitäten dokumentieren. 2024 verzeichneten diese einen neuen Höchststand.
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Die Berliner AfD hat die „Berliner Register“, die in den Bezirken diskriminierende und rechtsextreme Vorfälle dokumentieren, attackiert. In einem Video, das der AfD-Politiker Martin Kohler auf seinen sozialen Netzwerken im Internet teilte, kritisieren er und andere Politiker die Registerstellen scharf und arbeiten sich an deren Arbeit ab.
Kohler war bis vor Kurzem Vorsitzender des Berliner Landesverbands der vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuften und inzwischen aufgelösten Jugendorganisation der AfD und wurde am vergangenen Wochenende in den Landesvorstand gewählt.
Landeschefin Kristin Brinker bezeichnete die Registerstellen auf einer Veranstaltung als „Hetz- und Petzportale“, deren Arbeit und Kosten man sich genauer anschauen wolle. Kohler sagte, bei den Meldungen handele es sich um „völlig legale Meinungsäußerungen“, die in die Nähe einer Strafbarkeit gerückt würden. Bei einem Stammtisch des Landesverbands hatte Kohler gemeinsam mit den AfD-Mitgliedern Derek Pokorny und Alexander Hanack einen Vortrag über die „Berliner Register“ gehalten.
Die „Berliner Register“ dokumentieren in den Bezirken, finanziert vom Senat, rassistische, antisemitische sowie rechtsextreme Vorfälle. Die systematisch erfassten Vorfälle reichen von rechtsextremen Aufklebern, die gesichtet wurden, bis hin zu rassistischen, antisemitischen, queer- oder homofeindlichen Beleidigungen oder Angriffen.
Im vergangenen Jahr dokumentierten die Registerstellen einen neuen Höchststand mit 7720 diskriminierenden und rechtsextremen Vorfällen. 2023 wurden 5286 Vorfälle registriert. Anders als die Polizei dokumentieren die Register auch Vorfälle, die nicht strafbar sind. Jede Meldung wird dabei nach Angaben der Registerstellen auf Glaubwürdigkeit geprüft.
Man nehme vor allem verstärkte rechtsextreme Aktivitäten und eine zunehmende Zahl antisemitischer Bedrohungen wahr, hieß es seitens der „Berliner Register“ bei der Vorstellung der Zahlen Anfang April.
Die AfD stört sich an der Dokumentation dieser Vorfälle: „Sie versuchen hier den Meinungskorridor immer weiter zu verengen“, sagte AfD-Politiker Kohler bei seinem Vortrag. Er sprach auch eine Drohung aus, gerichtet an Kati Becker, die Koordinatorin der Registerstellen war. „Sie können sich sicher sein, wenn bei Kati Becker der Brief vom Finanzamt einschlägt – ja, wir gucken uns das jetzt mal genauer an –, dann brennt da aber richtig die Hütte.“
Für die Registerstellen ist dieses Verhalten nicht neu: „Wir stehen seit Längerem im Fokus. Allein das Dokumentieren an sich scheint eine Provokation zu sein“, sagte Jana Adam, Koordinatorin der Registerstellen, dem Tagesspiegel. „Es reiht sich in eine längere Entwicklung ein.“
Für jeden Berliner Bezirk gibt es ein Register sowie insgesamt über 230 Anlaufstellen, die Meldungen entgegennehmen und weiterleiten. Finanziert werden die Berliner Register über die Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung, für die die Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Antidiskriminierung zuständig ist.
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