
© dpa/Benno Schwinghammer
Von Berlin nach Ottawa: Ehepaar übernimmt gemeinsam Botschafter-Posten in Kanada
„Zwei Botschafter für den Preis von einem“: Tjorven Bellmann und Matthias Lüttenberg vertreten Deutschland fortan in Kanada. Ihren Posten teilen sie sich.
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Für Kanada ist es ein Novum, für Deutschland immer noch ungewöhnlich: Eine Botschafterstelle wird in Job-Sharing von einem Ehepaar übernommen. Tjorven Bellmann und Matthias Lüttenberg vertreten Deutschland nach Übergabe ihrer Beglaubigungsschreiben als Botschafterin und Botschafter in Kanada.
Die Botschaftsresidenz in Ottawas Stadtteil Rockcliffe wird in den kommenden Jahren so gut bewohnt sein wie seit langem nicht mehr. Ende Juli waren Tjorven Bellmann und Matthias Lüttenberg mit ihren drei Kindern im Alter von zehn, zwölf und fünfzehn Jahren in der kanadischen Hauptstadt Ottawa eingetroffen und in die Residenz eingezogen. Für Kanadas Beziehungen zu einem G7-Land ist es auf jeden Fall ein Novum, dass ein Land zwei Gesandte in Botschafterposition nach Ottawa schickt. Deutschland hat dieses Modell bereits praktiziert: In Schweden und in Slowenien hatten sich Ehepaare den Botschafterposten geteilt und hatten in Rotation die Botschafteraufgaben übernommen.
Einer von uns wird Botschafter Deutschlands sein, der andere wird sich um die Kinder kümmern.
Tjorven Bellmann, deutsche Botschafterin in Kanada
So werden es auch Tjorven Bellmann und Matthias Lüttenberg halten. „Alle acht Monate werden wir rotieren“, erzählt Bellmann. „Einer von uns wird Botschafter Deutschlands sein, der andere wird sich um die Kinder kümmern.“ Das sei auch ein „neues Modell“ für sie als Familie, dem sie gespannt entgegenblicken. Die erste Acht-Monate-Schicht wird Tjorven Bellmann übernehmen, aber einige offizielle Termine und Antrittsbesuche, die zu Beginn der Amtszeit anstehen, wollen sie und ihr Mann gemeinsam wahrnehmen und am 2. Oktober zusammen Gäste zur Feier des Tags der Deutschen Einheit in der Residenz begrüßen.
Ein Gehalt für zwei
Das Job-Sharing hat international Aufmerksamkeit in Medien gefunden und wird auch in Kanada sehr aufmerksam registriert. Deutschland sende ein „Botschafter-Tandem“, heißt es im kanadischen Rundfunk CBC, und „zwei Botschafter für den Preis von einem“. Denn Bellmann/Lüttenberg werden, wie sie bestätigen, jeweils ein halbes Botschaftergehalt beziehen. „Ich glaube, wir werden überleben“, fügt Lüttenberg scherzhaft hinzu.
Mehr als zehn Jahre hatten beide im Außenministerium und im Bundeskanzleramt in Berlin gearbeitet. Tjorven Bellmann, Jahrgang 1972, war unter anderem Beauftragte für Sicherheitspolitik und für die bilateralen Beziehungen zu den USA, Kanada und Großbritannien zuständig. Zuletzt war sie Politische Direktorin des Auswärtigen Amts und galt als enge Vertraute von Außenministerin Annalena Baerbock. Matthias Lüttenberg, Jahrgang 1973, war als Referatsleiter im Bundeskanzleramt für die Beziehungen Deutschlands unter anderem zu den Staaten Mittel-, Ost- und Südosteuropas zuständig und zuletzt Beauftragter für Osteuropa, Kaukasus und Zentralasien.
Ideale Lösung
Angesichts dieser Aufgabenfülle kam das Familienleben manchmal vielleicht etwas kurz. Daher halten sie das Job-Sharing nun für eine ideale Lösung, dies zu ändern. In Kanada den Botschafterposten gemeinsam zu übernehmen, bot zudem die Chance, mit der ganzen Familie im Ausland zu sein, bevor die Kinder ihre eigenen Wege gehen. Die älteste Tochter wird die zehnte Klasse einer High School besuchen und vermutlich in Kanadas Hauptstadt ihren High School-Abschluss machen. Für die beiden Mädchen und den Jungen hat der Schulalltag Anfang September begonnen.
Das Gewicht der deutsch-kanadischen Beziehungen hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Das zeigte sich in dem Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz 2022, der Visite von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier 2023 und zahlreichen Ministerbesuchen, wie zuletzt von Verteidungsminister Boris Pistorius, als es vor allem um die internationale Sicherheit und die Hilfe für die Ukraine ging. In der Klimapolitik arbeiten beide Länder zusammen und sie haben beim Kanzlerbesuch eine „Wasserstoffpartnerschaft“ geschlossen. Hinzu kommen enge Kooperationen im Forschungs- und Kulturbereich. Die deutsch-kanadischen und europäisch-kanadischen Beziehungen sind zwar nicht immer schlagzeilenträchtig, aber für beide Seiten sehr wichtig, vor allem in Zeiten instabiler oder gespannter Beziehungen zwischen Europa und Kanadas südlichem Nachbarn, den USA.
Mit der Überreichung der Beglaubigungsschreiben am vergangenen Freitag in Rideau Hall, dem Amtssitz der kanadischen Generalgouverneurin Mary Simon sind Tjorven Bellmann und Matthias Lüttenberg offiziell die höchsten Repräsentanten Deutschlands in Kanada. Dass es ausgerechnet Freitag der 13. war, „beunruhigt uns überhaupt nicht“, sagt Matthias Lüttenberg. In manchen Ländern gilt dieses Datum als Glückstag. Vielleicht auch für Tjorven Bellmann und Matthias Lüttenberg.
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