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© picture alliance/dpa/Frank Hammerschmidt

Vor allem Laubbäume sind betroffen: Die Berliner Wälder erholen sich nicht

Neuer Waldzustandsbericht: Obwohl wieder mehr Regen fiel, geht es den Berliner Wäldern so schlecht wie fast noch nie. Kritiker werfen Berlin verfehltes Management vor.

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Die Berliner Wälder sind weiter auf dem absteigenden Ast. Obwohl es im vergangenen Winterhalbjahr nach jahrelanger Dürre wieder mehr geregnet hat, konnten sich die Bäume bis zum Sommer nicht erholen. Laut dem am Mittwoch veröffentlichten Waldzustandsbericht sind nur vier Prozent der Waldbäume in der Hauptstadt gesund. Dieser Anteil entspricht dem Negativ-Rekord von 2022 und zeigt, dass die leichte Erholung 2023 keinen Trend markiert hat.

Der Anteil der Berliner Waldbäume mit deutlichen Schäden stieg binnen Jahresfrist von 30 auf 37 Prozent. Nur 2022 sowie in den Jahren 2003 und 2004 war er noch etwas höher. Kriterium dafür ist die mittlere Kronenverlichtung der etwa 1000 Bäume an 41 Standorten, die für den Bericht jedes Jahr im Sommer begutachtet werden. Über alle Baumarten zusammen hat das Ausmaß der Kronenverlichtung den Rekord von 31 Prozent erreicht. Den Bäumen fehlt also fast ein Drittel ihrer Laub- beziehungsweise Nadelmenge.

Während die Entwicklung bei den Nadelbäumen seit einer drastischen Verschlechterung 2019 etwa stagniert, wird die Lage bei den Laubbäumen immer dramatischer: Sie haben nur noch etwa 55 Prozent ihrer im Idealfall vorhandenen Laubmenge. Die Eichen als häufigste Laubbaumart sind davon noch etwas stärker betroffen als die Buchen, für die allerdings wegen ihrer geringeren Anzahl die Bilanz weniger aussagekräftig ist. Gesunde Eichen wurden wie im Vorjahr nicht mehr gefunden, und der Anteil mit deutlichen Schäden stieg binnen Jahresfrist von 60 auf 87 Prozent. Nach Einschätzung der Forsten resultiert die beispiellose Kronenverlichtung teilweise aus dem anfangs extrem warmen April, der die Bäume austreiben ließ, bevor mehrere frostige Nächte die Triebe ruinierten.

Die Hitze und Dürre 2018 machte die jahrelange Erholung zunichte

Die zahlenmäßig in Berlins Wäldern nach wie vor dominanten Kiefern sind insgesamt in ähnlichem Zustand wie vor einem Jahr: Sieben Prozent haben keine, 80 Prozent leichte und 13 Prozent deutliche Schäden. Anfang der 2000er-Jahre war der Zustand der Berliner Bäume schon einmal fast so schlecht wie zurzeit. Die Erholung dauerte bis 2017, bevor das extrem trockene und warme Jahr 2018 alles zunichtemachte. Seitdem folgten weitere Dürre- und Wärmerekorde.

„Die klimatischen Bedingungen verändern sich zu schnell für eine natürliche Anpassung unserer Waldökosysteme“, lautet das Fazit der Berliner Forsten zum aktuellen Befund. Umweltsenatorin Ute Bonde (CDU) sieht immerhin einen positiven Aspekt: „Flächiges Absterben von Wäldern wie in anderen Regionen Deutschlands gibt es in Berlin nicht“, erklärte sie.

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Während die Forstbehörde erste Erfolge ihrer jahrelangen Anstrengungen zum Waldumbau sieht und von wachsender Artenvielfalt berichtet, kommt von der Umweltorganisation WWF Kritik: „Die desolate Lage des Hauptstadtwaldes ist aller Wahrscheinlichkeit nach nicht nur dem Klimawandel geschuldet, sondern auch Ergebnis einer verfehlten Forstwirtschaft“, erklärte WWF-Waldexpertin Susanne Winter. Die 41 Stichproben hält der WWF als Datengrundlage für zu dünn, und das von Umweltstaatssekretärin Britta Behrendt (CDU) vor acht Monaten angeordnete Monitoring aller Wälder anhand von Satellitenbildern sei überfällig.

Die „Waldinitiative Berlin“ fordert externe Experten als Gutachter

Auch die bürgerschaftliche „Waldinitiative Berlin“ fordert ein solches Monitoring, das obendrein billiger sei als die bisher üblichen Wald-Inventuren und „das Vertrauen der Bevölkerung und der Steuerzahler“ in die Arbeit der Berliner Forsten stärken würde. Die bisherigen Eingriffe müssten von externen Experten ausgewertet werden, heißt es mit Verweis auf angebliche Negativ-Beispiele: Drei Jahre nach einem „Waldumbau“ am Seddinsee im Berliner Südosten wachse dort das Gras meterhoch, während die Neupflanzungen großenteils vertrocknet seien. Ähnlich missglückt sei eine 2022 erfolgte „Waldpflege“ in Tegel.

Wie berichtet, schlagen die Forsten in diesem Winter deutlich weniger Holz als bisher, aber säen und pflanzen weiterhin viele neue Laubbäume. Die Evaluation des 2012 gestarteten Mischwaldprogramms mit seinen teils drastischen Eingriffen in Kiefernbestände steht noch aus.

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