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In bestimmten Fällen antwortet die Verwaltung in Berlin auf Bürger-Mails per Brief (Symbolbild).

© imago images/photothek/Felix Zahn

„Absoluter Irrsinn“: Warum die Berliner Verwaltung auf Mails per Brief antwortet

Wer Behörden unverschlüsselt mailt, bekommt erstmal Post, falls personenbezogene Daten ausgetauscht werden sollen. Liegt es am Datenschutz?

Berliner Behörden wie Bezirksämter oder Senatsverwaltungen dürfen E-Mails von Bürgern nicht elektronisch beantworten, wenn diese unverschlüsselt versendet worden sind und personenbezogene Daten ausgetauscht werden sollen. Das geht aus einer Anfrage des SPD-Abgeordneten Sven Kohlmeier hervor, die dem Tagesspiegel vorliegt.

Werden in der Kommunikation zwischen Bürger und Verwaltung personenbezogene Daten ausgetauscht, müssen Behörden stattdessen postalisch – also per Brief – antworten und den Bürger bitten, in den unverschlüsselten E-Mail-Verkehr einzuwilligen. Dazu gibt es extra einen Vordruck.

Erst wenn die „Erklärung zur gewünschten Korrespondenzart“ ausgefüllt zurückgeschickt worden ist und zugestimmt wurde, die unverschlüsselte Kommunikation per Mail fortzusetzen, dürfen Dokumente passwortgesichert versendet werden. Anfragen ohne personenbezogene Daten dürfen sofort beantwortet werden.

Die Regelung geht zurück auf eine unter anderem im Bezirksamt von Marzahn-Hellersdorf geltende Dienstanweisung. Derzufolge ist unverschlüsselter E-Mail-Verkehr außerhalb des Berliner Landesnetzes nicht zulässig.

In dem Schreiben heißt es dazu: „Der Zustand, nicht mailen zu können, ist nicht zeitgemäß und behindert die Abläufe.“

Keine einheitliche Vorgehensweise in den Bezirksämtern

Hinzu kommt: Von einer einheitlichen Vorgehensweise sind die zwölf Bezirksämter weit entfernt. Während Marzahn-Hellersdorf auf seiner Startseite anbietet, elektronische Dokumente mit qualifizierter Signatur – sprich Verschlüsselung – zu übersenden, heißt es beispielsweise auf der Internetseite des Bezirksamts von Spandau: „Eine wirksame Übermittlung verschlüsselter Dateien ist gegenwärtig ausgeschlossen.“

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Kohlmeier, digitalisierungspolitischer Sprecher seiner Fraktion, kann über das derzeitige Vorgehen nur den Kopf schütteln.

Als „absoluten Irrsinn“ bezeichnete er die aktuelle Vorgehensweise einzelner Bezirksämter und erklärte dazu: „Die Einhaltung des Datenschutzes ist richtig, darf aber nicht dazu führen, dass BürgerInnen nicht mehr mit der Behörde per unverschlüsselter E-Mail kommunizieren können. Das passiert jeden Tag und überall, wir können ja nicht zur Brieftaube zurückkehren.“

Nach Ansicht Kohlmeiers gebe der Absender einer unverschlüsselten Mail mit dem Verschicken dieser seine Einwilligung dafür, dass die Verwaltung auf die E-Mail auch in selber Weise antwortet.

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Die aktuelle Handhabung sei „nicht praktikabel“, ergänzt Kohlmeier und weist darauf hin, dass eine derart restriktive Auslegung der Datenschutz-Grundverordnung das Versenden unverschlüsselter E-Mails auch in betrieblichen und allen öffentlichen Belangen zukünftig unzulässig mache.

Klar ist: Eine rasche und einheitliche Lösung für das in einzelnen Bezirken offenbar unterschiedlich gehandhabte Vorgehen ist zumindest vorerst nicht in Sicht. Zwar antwortete IT-Staatssekretärin Sabine Smentek (SPD) auf die Anfrage Kohlmeiers, dass „sowohl in den Richtlinien der Berliner Regierungspolitik als auch im E-Government-Gesetz der Wille zur elektronischen Abwicklung von Verwaltungsabläufen festgeschrieben“ sei.

Bis dieser Wille in die Tat umgesetzt wird, könnte es aber noch bis zum Jahr 2023 dauern – mindestens. Zu Alternativen wie dem De-Mail-Konto, das bislang kaum genutzt wird, erklärte Smentek: „Die Einrichtung von De-Mail-Accounts ist für die Bürgerinnen und Bürger mit einem gewissen organisatorischen und finanziellen Aufwand verbunden.“

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