Berlin: Warum schwänzen Kinder die Schule?
In Berlin ließen allein im vergangenen Schulhalbjahr Zehntausende den Unterricht ausfallen – in den wenigsten Fällen entschuldigt. Wann wird ein Schwänzer zum Verweigerer?
In Berlin ließen allein im vergangenen Schulhalbjahr Zehntausende den Unterricht ausfallen – in den wenigsten Fällen entschuldigt. Wann wird ein Schwänzer zum Verweigerer?
Ein Schüler muss notorisch schwänzen, damit man ihn als Verweigerer bezeichnet. Manche lassen sich monatelang krank schreiben oder gehen jeden Tag zum Arzt. Andere kommen zur Schule, gehen aber nicht in den Unterricht. Wieder andere gehen in ihre Klasse, arbeiten aber nicht mit und stören.
Was sind die Motive?
Wer die Schule verweigert, tut das fast immer, um auf sich aufmerksam zu machen. Mitunter mag das etwas mit Geltungsdrang zu tun haben. Meistens ist das aber ein Hilferuf wegen Überforderung oder Mobbing. Auch Lernstörungen oder psychische Krankheiten können zu Schulverweigerung führen, wenn niemand sie bemerkt hat.
Die meisten Eltern verfügen nicht über die Vorbildung, um Lernstörungen oder psychische Krankheiten zu erkennen. Die Diagnose ist Sache der Lehrer. Sind sie dem gewachsen?
Nicht alleine. Wenn ein Lehrer erkennt, dass mit einem Schüler etwas nicht stimmt, sollte er Sonderpädagogen oder Psychologen um Hilfe bitten. Oft steht hinter einer Verweigerung nämlich eine Mischung, die schwierig zu diagnostizieren ist: Ein Schüler, der zu Hause geistig nie gefordert wird, kommt in der Schule auch dann nicht mit, wenn er intelligent ist: keine klassische Lernschwäche – trotzdem braucht er Unterstützung. Ich würde mir wünschen, dass Lehrer öfter um Hilfe bitten.
Sie haben gemeinsam mit der Bürgerstiftung Berlin das Projekt an der JeanPiaget-Schule ins Leben gerufen. Wie funktioniert das Konzept?
Es gibt kleine Lerngruppen. Den Jugendlichen, die lange nicht in der Schule waren, wird da ein strukturierter Tagesablauf vorgelebt mit festen Regeln: pünktlich sein, ausreden lassen, keine Gewalt. Am Ende jeden Tages wird bewertet, wer die Regeln wie gut befolgt hat. Den Schülern wird permanent signalisiert, was in Ordnung ist und was nicht, unter der Prämisse: Nicht Du störst uns, sondern Dein Verhalten.
-