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Mitten auf der Kreuzung: Auto-Rowdys fahren sogenannte Donuts.

© Twitter/enginz70

Haftstrafe oder 20 Euro Ordnungsgeld?: Was den Rowdy-Fahrern vom Bahnhof Zoo jetzt droht

Eine türkische Hochzeitsgesellschaft versperrt die Kreuzung, bringt Passanten in Gefahr. Juristisch ist die Sache kompliziert, sagt Fachanwalt Roman Becker.

Am Wochenende sind am Bahnhof Zoo die Räder durchgedreht. Eine türkische Hochzeitsgesellschaft versperrt mit ihren Autos minutenlang die Kreuzung, ein junger Mann driftet mit qualmenden Reifen über die Straße und bringt so Passanten und andere Verkehrsteilnehmer in Gefahr.

Seitdem ist die Empörung über die Rowdys groß, aber was droht ihnen juristisch? Die Polizei sprach erstmal von einer Ordnungswidrigkeit - und Ermittlungen wegen Verkehrsgefährdung.

Der Berliner Verkehrsrechtsanwalt Roman Becker erklärt im Interview, wie in Berlin gegen die sogenannten Profilierungsfahrer vorgegangen wird - und dass ihm die Klientel wohlbekannt ist. Becker arbeitet seit 15 Jahren im Bereich Verkehrsrecht und hat schon eine Vielzahl von Autorasern vor Gericht vertreten.

Herr Becker, was ist in dem Video zu sehen?
Man sieht einen sogenannten „Donut“-Drift des Fahrzeugs im Vordergrund und viele weitere Autos, die die Straße komplett blockieren. Wenn der Fahrer auf der Kreuzung die Kontrolle verliert und das Auto ausbricht, wird es schnell sehr gefährlich. Die Berliner Amtsanwaltschaft hat eine eigene Abteilung für solche Profilierungsfahrer geschaffen und die sagen, die Tätergruppe sei meist sehr ähnlich: migrantisch und bis 25 Jahre alt. So scheint es auch in diesem Fall zu sein.

Die Aufregung über die türkische Hochzeitsgesellschaft ist groß. Was droht den Männern aus juristischer Sicht?
Im Zweifel liegt nur kleinere Ordnungswidrigkeiten vor wie zum Beispiel die unnötige Verursachung von Lärm und Abgasen oder übermäßige Straßennutzung. Die Strafe liegt dann im Bereich eines Verwarngeldes von 20 bis 40 EURO, nichts was abschreckt, zumal auch keine Punkte eingetragen werden. Sie können Imponiergehabe schlecht bestrafen. Da haben wir sicherlich eine Regelungslücke.

Die Polizei ermittelt, ob eine Verkehrsgefährdung vorgelegen hat, das wäre eine Straftat. Wie schätzen Sie das sein?
Juristisch ist das schwierig zu belegen. Es muss eine konkrete Gefährdung vorliegen und die ist sehr eng definiert. Die haben sie zum Beispiel, wenn ein Auto auf einen Passanten zurast und der sich nur durch einen Sprung retten kann. Das sehe ich in dem Video eher nicht. Es aber gibt noch die Möglichkeit der Nötigung, die ebenfalls eine Straftat wäre.

[Mehr zum Thema: Sind die Raser zum Brandenburger Tor weitergezogen? Zeugen berichten von Polizeieinsatz wegen Autokorso]

Das müssen Sie erklären.
Andere Verkehrsteilnehmer werden durch die Blockade der Kreuzung an der Weiterfahrt gehindert - das ist eine kurzeitige Freiheitsberaubung. In diesem Fall könnte man von einer gemeinschaftlich begangenen Nötigung sprechen, weil die anderen Autos des Konvois die Straße für den Fahrer blockieren und so andere an der Weiterfahrt hindern.

Mit was für einer Strafe wäre in diesem Fall zu rechnen?
Nötigung kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft werden. Bei Ersttätern wird meist auf eine Haftstrafe verzichtet. So eine Geldstrafe kann aber empfindlich sein. Sie berechnet sich nach dem Einkommen des Täters und könnte in so einem Fall durchaus die Höhe von zwei oder drei Monatseinkommen erreichen. Außerdem wäre ein Fahrverbot von bis zu sechs Monaten möglich oder – das härtere Schwert – man entzieht dem Mann die Fahrerlaubnis.

Experte im Bereich Verkehrsrecht: Roman Becker vertritt seit 15 Jahren Autoraser vor Gericht.
Experte im Bereich Verkehrsrecht: Roman Becker vertritt seit 15 Jahren Autoraser vor Gericht.

© promo

Was ist der Unterschied?
In letzterem Fall müsste der Fahrer als charakterlich ungeeignet für den Verkehr eingeschätzt werden. Das könnte man in diesem Fall, wenn ich mir das Video so anschaue, problemlos bejahen. Wenn ein Gericht die Fahrerlaubnis entzieht, dann ist natürlich auch der Führerschein weg.  Der Fahrer müsste dann nach Ablauf einer vom Gericht festgesetzten Sperrfrist einen Antrag auf Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis stellen und dazu die charakterliche Eignung erneut nachweisen - also eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung machen. Davor hat diese Klientel oft einen Riesenrespekt.

Ist so eine verhältnismäßig harte Strafe wahrscheinlich?
Seit dem Fall der Ku'damm-Raser wird in Berlin in solchen Verfahren eine harte Linie gefahren. Kein Richter, der dieses Video gesehen hat, wird hier eine geringe Schuld des Fahrers erkennen.

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