Berlin: Wege zur reinen Luft
Es wird ernst mit dem Verbot: Wirte und Restaurantbesitzer denken über die qualmfreie Zukunft nach
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Das Rauchverbot wird kommen, Berlin will bundesweit Vorreiter beim Schutz von Nichtrauchern sein. Einzige Nische für die Qualmer soll künftig ein extra Raucherzimmer sein. Doch das kann sich nicht jedes Lokal leisten. Wie bereiten sich Berliner Gastronomen auf das Verbot vor?
DER EDEL-ITALIENER
Im Bocca di Bacco auf der Friedrichstraße sieht man dem Rauchverbot entspannt entgegen. Schon seit der Eröffnung vor sechs Jahren können Gäste Nichtrauchertische reservieren. Der vordere Teil des italienischen Restaurants ist Nichtraucherzone. Mit Inkrafttreten des neuen Gesetzes wird das gesamte Lokal rauchfrei sein. Wie schnell sich die Leute an rauchfreie Lokale gewöhnen, weiß Manager Francesco Comi aus Italien. „Erst haben sich alle aufgeregt und jeder ist schon nach der Vorspeise vor die Tür gegangen. Doch jetzt ist es kein Problem mehr, und alle können bis zum Dessert warten.“
DIE KIEZ–KNEIPE
So eine kleine Kneipe, die keine Möglichkeit hat einen Raucherraum einzurichten, ist das Xenzi in der Selchower Straße in Neukölln. 90 Prozent der Gäste rauchen hier, Studenten sind das Stammpublikum. „Wenn das Rauchverbot kommt, werden wir komplett rauchfrei“, sagt Geschäftsführer Thammai Tubthep. Am liebsten würde er tagsüber, wenn die Gäste zum Frühstücken und Mittagessen kommen, ein rauchfreies Café anbieten und ab 20 Uhr Rauchen wieder erlauben. „Wir geben ja zu, dass es hier schnell verraucht ist.“ sagt Tubthep. Schon fünf Gäste mit einer Zigarette genügen dazu. Tubthep hofft, dass das Verbot dem Umsatz nicht schaden wird. „Ich hoffe, die Nichtraucher kommen dann in Scharen und machen wahr, was sie immer versprechen.“ Tubthep findet die Diskussion übertrieben und ein Verbot unsinnig. „Die Gastronomen sollten selbst entscheiden, was sie mit ihrem Laden machen wollen.“ Vom Rauchverbot verspricht er sich auch selbst das Ende seiner Nikotinsucht. „Wegen der Kneipe habe ich angefangen, vielleicht höre ich ja so wieder auf“, hofft Tubthep.
DIE ECKKNEIPE
In einer typischen Berliner Eckkneipe will man sich das Schultheiss auch nicht ohne Qualm vorstellen. Im Zum schmalen Handtuch in der Zossener Straße in Kreuzberg ist man sich einig: „Das Rauchverbot ist Quatsch.“ Tresenkraft Heidemarie Wedel raucht selber nicht, sieht keine Möglichkeit für einen Raucherraum. „Wer soll denn das bezahlen? Das geht doch nicht so einfach in einer Einraum-Kneipe.“ In öffentlichen Gebäuden, Restaurants, einfach überall sei ein Rauchverbot in Ordnung, finden die Gäste. Doch in ihrer Stammkneipe wollen sie weiter in Ruhe rauchen können.
DAS MITTAGSLOKAL
In der Joseph Rot h-Diele in der Potsdamer Straße haben sich die Betreiber schon auf ein Verbot vorbereitet. Die Abstellkammer soll zum Raucherraum umgebaut werden. Angst vor Umsatzeinbußen hat Grit Gerken, Mitinhaberin des Schöneberger Traditionslokals, nicht. Ihre Hoffnung ist auch, dass die Gäste vielleicht mehr essen, wenn sie sich nicht mehr an ihrer Zigarette festhalten können. „Zum Arbeiten ist es wahrscheinlich auch angenehmer“, sagt Gerken, selbst Raucherin. Das Raucherzimmer soll allerdings keine richtige Sitzplatzerweiterung sein. Sehr wahrscheinlich müssen die Raucher sich mit Selbstbedienung begnügen. Doch ein raucherfeindliches Klima möchte Gerken in ihrem Lokal vermeiden. Aggressive Kommentare von Nichtrauchern, will sie nicht hören.
River Tucker
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