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Ab in den Süden. In der Ortschaft Alwine leben 15 Mieter in ziemlich baufälligen Häusern.

© AFP

Ein Dorf unter dem Hammer: Wer ist der geheimnisvolle Liebhaber von Alwine?

Ein Dorf im Süden Brandenburgs wird in Berlin zum Preis von 140.000 Euro versteigert. Der Investor übermittelt eine Nachricht an die Einwohner.

Am Ende geht alles ganz schnell. Auktionator Matthias Knake hatte die Nummer 58 aufgerufen: „Siedlung mit Dorfcharakter“. Das Mindestgebot liegt bei 125.000 Euro, doch am Vormittag hatte jemand schon 140.000 Euro geboten. Knake fordert die Menschen im Saal auf mitzubieten, doch niemand rührt sich. „Zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten“ – und dann ist „Alwine“ verkauft.

Selten hatte der Süden Brandenburgs so viel Aufmerksamkeit erhalten wie in den vergangenen Wochen. Es habe sich ein „gigantisches Medienspektakel“ in Alwine abgespielt, sagt der Bürgermeister von Uebigau-Wahrenbrück, Andreas Claus, der die gut 120 Kilometer nach Berlin gefahren ist. In seiner Gemeinde liegt die Siedlung, die jetzt durch das Auktionshaus Karhausen versteigert wurde.

Sonnabend, 12 Uhr, Auktionator Ralf Karhausen eröffnet den zweiten Tag der Winterauktion. Der Saal im Auditorium Friedrichsstraße ist gut gefüllt: Zur Hälfte mit Bietenden, zur anderen Hälfte mit Medienvertretern. Es sei ja später noch eine „nette Dame“ im Angebot, scherzt der Mann mit dem Hammer, „ich weiß nicht, ob sie alles hält, was sie verspricht.“

Anschließend werden erst einmal Wohn- und Gewerbeflächen in ganz Deutschland versteigert. Die Auktionatoren sind gut gelaunt: „Dieses Grundstück liegt in Halle, das ist an der neuen ICE-Strecke. Hier geht es jetzt aufwärts.“, werben sie, oder „Wer möchte eine Datsche in Thüringen haben?“ und „Auf diesem Gewerbeobjekt können Sie ein Fußballfeld bauen!“

Alwine ist kein Schnäppchen

An einem Tisch steht Bürgermeister Andreas Claus. Er ist angespannt, das gelte auch für die Bewohner von Alwine: „Viele haben Angst, dass sie zu Weihnachten keine Wohnung mehr haben.“ Sie fürchten einen Investor, der die Mieten drastisch erhöht. Das sei unrealistisch, gibt auch Claus zu, dennoch ist er unzufrieden: 16 Jahre hätten die bisherigen Besitzer die Wohnhäuser verfallen und sich im Ort nicht blicken lassen.

Jetzt wollen sie auf einmal alles gewinnbringend veräußern. „Wir werden prüfen, ob wir das gemeindliche Vorkaufsrecht anwenden“, so Claus. Damit könnte die Gemeinde einem Verkauf an einen Investor noch zuvorkommen. Er sagt aber auch: „Wer glaubt, er macht hier ein Schnäppchen, liegt falsch.“ Schließlich seien die meisten Häuser marode und dringend sanierungsbedürftig.

Gegen 15 Uhr ruft Matthias Knake Alwine auf, die „nette Dame“. Fotografen und Kameramänner bringen sich in Stellung, Radiojournalisten halten ihre Aufnahmegeräte an einen Lautsprecher. Knake verkündet das aktuelle Gebot von 140.000 Euro. „Ich sehe kein weiteres Gebot für dieses Schnäppchen.“ Von den 40 an Alwine Interessierten hat sich also nur ein einziger zu einem Gebot entschlossen. Letzte Nacht habe es sogar noch eine Anfrage aus Indien gegeben, ein Gebot gab er auch dieser Interessent nicht ab, verkündet Knake anschließend der Presse.

Das Mindestgebot sei auch erst am Samstagmorgen eingetroffen – per Fax und mit allen nötigen Dokumenten. Es sei jemand aus dem Raum Berlin, der bei Auktionen noch nicht so häufig in Erscheinung getreten sei. Er wolle sich zeitnah mit den Bürgern von Alwine treffen, habe er außerdem mitgeteilt. Und er hat auf dem Fax eine Notiz hinterlassen: „Zum Wohle der Einwohner“.

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