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Gefängniscuisine, genauer @Gfngniscuisin1, ein Twitter-Account, der Mahlzeiten dokumentiert und auf Twitter teilt.

© twitter.com@Gefngniscuisin

Wie Handys in Haftanstalten gelangen: Die Youtuber und Blogger der JVA Heidering

Ein Twitternutzer gibt Einblicke in den Alltag einer Haftanstalt – dabei sind Handys für Gefangene verboten. Es ist nicht der erste Fall in der JVA Heidering.

Das Menü beim Sternekoch oder die Pizzarunde mit Freunden - ohne Foto für die Twitter- oder Facebookgemeinde geht es bei vielen fast nicht mehr. Nun hat der Mitteilungsdrang offensichtlich auch Berliner Gefangene erreicht. Aus der Männer-Haftanstalt Heidering werden Bilder vom Knast-Essen gepostet - trotz Handyverbots.

Drapiert wurden etwa ein trockenes Brötchen, eine halbe Möhre und eine Scheibe Käse. Dazu der ironische Text: „Rezeptideen? Ach so, habe noch Margarine.“ Bei einem anderen Tweet sind auf „Gefängniscuisine“ Nudeln, Tomatensoße und ein Becher Joghurt zu sehen. Dazu heißt es: „Für ein Kind wäre die Portion ausreichend“. Zuvor hatte die „Stuttgarter Zeitung“ berichtet.

Die Justizverwaltung bezweifelt die Echtheit der Posts nicht. Sprecher Sebastian Brux zeigt sich aber sichtlich genervt über immer neue Ideen, Vorschriften im Knast zu umgehen. „Es ist schwer zu unterbinden“, sagt er am Donnerstag. Dabei gelte das Essen in Heidering doch als bestes in den Berliner Haftanstalten. „Wir sind verwundert“, so der Sprecher von Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne).

Bei Kontrollen würden zwar auch verbotene Handys eingezogen, so Brux. Die Möglichkeit, die Geräte gänzlich zu verhindern, seien aber begrenzt. Sanktionen müssten auch verhältnismäßig sein.

Auch einen Youtuber gab es in der JVA

Über Monate hatte auch ein Youtuber die Berliner Justiz mit heimlich gedrehten Videos über den Knastalltag genarrt. Auch er sitzt in Heidering, derzeit wohl ohne Handy. Der Gefangene habe eine ganze Staffel vorproduziert, heißt es. Vermutet wird, dass er sich ein Geschäft für die Zeit nach der Haft aufbauen will.

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Bei dem Youtuber wird laut Sprecher täglich der Haftraum überprüft, er muss demnach ohne Fernseher leben, vor sein Fenster wurde ein Gitter aus engmaschigem, feinen Draht gespannt. „Damit ihm keiner von draußen etwas reinreichen kann.“

Der Bund der Strafvollzugsbediensteten sieht Handys in Gefängnissen als bundesweites Problem. „Wir tun alles, dass sie gar nicht erst reinkommen“, hatte Vorsitzender René Müller zu Jahresbeginn der dpa gesagt. „Aber wir haben viel zu wenig Manpower und zu wenig Technik.

Handys kommen per Drohne zu Gefangenen

Die begehrte Technik findet immer wieder zu Gefangenen. Laut Müller werden Handys auch schon mal per Drohne abgeworfen - das sei aber die Ausnahme. Auch über Besucher, Lieferanten oder Pakete gelangen Handys sowie Drogen in Haftanstalten. Das Einschmuggeln habe zugenommen. „Mancher Gefangene hat zwei, drei Geräte“, hatte Müller betont. In Berliner Gefängnissen wurden allein 2017 laut Justiz mehr als 1300 verbotene Handys eingesammelt.

Handys im Knast sind verboten, damit keine Straftaten geplant und verabredet werden können. Auch Zeugen in Gerichtsverfahren sollen nicht beeinflusst oder Opfer bedroht werden können. Bilder oder Videos aus dem Gefängnis gelten zudem als Sicherheitsrisiko.

Speisepläne nach Richtlinien der Gesellschaft für Ernährung

Da ist Justizsprecher Brux schon erleichtert, dass neben dem Essen bislang keine Sicherheitsanlagen oder Namen gepostet wurden. Er lenkt den Blick lieber auf die Küche des Gefängnisses in Heidering. Da gebe es auch 32 Arbeitsplätze für Insassen. Und die Speisepläne seien nach Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Ernährung erstellt.

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Essen im Knast ist immer ein Thema, heißt es in der Redaktion der Gefangenenzeitung „Lichtblick“. Es gebe Beschwerden aus ganz Deutschland, sagt ein 60-Jähriger am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Viele Insassen kauften zusätzlich Lebensmittel über einen Knast-Lieferanten und kochten dann abends selbst. Etliche Artikel seien sehr teuer, Sonderangebote gebe es fast nicht.

Der Insasse, nach eigenen Angaben wegen Mordes verurteilt, wundert sich auch über die Tweets - aber anders als Sprecher Brux. „Essen in der Alu-Schale in Heidering? Bei einem grünen Justizsenator? Da geht uns ja der Hut hoch“, meint der 60-Jährige für die Redaktion im Gefängnis Tegel. (dpa /tsp)

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