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Attacken gegen Mitarbeiter des Ordnungsamtes nehmen in Berlin zu.

© IMAGO

Selbstverteidigung: Wie sich Berliner Ordnungshüter gegen Angriffe rüsten

Sie achten auf Leinenzwang für Hunde im Park und das Radfahrverbot in Fußgängerzonen: Für die Ausübung ihres Berufs werden die Mitarbeiter der Ordnungsämter in Berlin immer häufiger attackiert - zum Teil mit Schlägen und Tritten. Sie lernen jetzt, sich selbst zu verteidigen.

Eigentlich kümmern sich die Mitarbeiter der Ordnungsämter um ein harmonisches Miteinander – doch dabei geht es ihnen selbst an den Kragen. Sie achten auf Leinenzwang für Hunde im Park, das Radfahrverbot in Fußgängerzonen oder schreiben als Parkraumkontrolleure Knöllchen. Doch ihnen wird nicht annähernd so viel Respekt wie den Kollegen von der Polizei gezollt – sie werden im Gegenteil immer häufiger zum Ziel von Attacken und Aggressionen. In Pankow wurden 2013 sogar zwei Mitarbeiter von erbosten Fahrzeugbesitzern angefahren. Während man in Potsdam den Ordnungshütern jetzt Karatekurse bezahlt, schulen auch einige Berliner Bezirke ihre Außendienstler bereits in Selbstverteidigung.

Nicht weniger als 44 An- und Übergriffe wurden 2013 bei der Polizei zur Anzeige gebracht, sagt Pankows Ordnungsstadtrat Torsten Kühne (CDU). Allein in elf Fällen wurden die Mitarbeiter mit Schlägen und Tritten attackiert. „Verbale Beleidigungen werden gar nicht gesondert erfasst und sind mittlerweile fast alltäglich“, so der Kommunalpolitiker.

Bedrohung, Beleidigung, Angriff

In Friedrichshain-Kreuzberg werden laut Stadtrat Peter Beckers (SPD) im Jahresdurchschnitt vier Außendienstler bei gewaltsamen Übergriffen verletzt. Ein Ordnungshüter erlitt durch einen Hundebiss erhebliche Blessuren. Bedrohungen, Beleidigungen sowie körperliche Angriffe, die nicht zu Verletzungen geführt haben, sind nicht mitgezählt. In Mitte gab es nach Angaben von Stadträtin Sabine Smentek (SPD) 2013 insgesamt 16 Vorfälle, darunter zehn Beleidigungen.

Das Neuköllner Ordnungsamt hat bereits vor Jahren damit begonnen, seinen Mitarbeitern einen wöchentlichen Dienstsport unter Anleitung von lizensierten Sportlehrern der Polizeischule zu finanzieren. Dabei werden auch Selbstverteidigungstechniken trainiert. Auch für Pankows Bezirks-Cops gehört Selbstverteidigung zu den gängigen Fortbildungskursen. „Aktuell planen wir in Zusammenarbeit mit der Personalvertretung und der Gewerkschaft, das Kursangebot insbesondere im Hinblick auf Konfliktsituationen und Gesundheitsprävention auszubauen“, so Stadtrat Kühne.

Schlagstöcke und Pfefferspray gehören zur Ausstattung

In Mitte werden die Ordnungshüter ebenfalls einmal wöchentlich von einem eigenen Trainer in Abwehrtechniken unterrichtet. Auch eine Hundetrainerin wird beschäftigt, um die Abwehr aggressiver Vierbeiner zu üben. Alle Führungskräfte des Außendienstes wurden als psychologische Ersthelfer ausgebildet, um im Ernstfall – auch bei Übergriffen auf Kollegen – hilfreich eingreifen zu können. Zudem gehören seit 2010 Schlagstöcke und Pfefferspray zur Ausstattung der Mitarbeiter des Allgemeinen Ordnungsdienstes in allen Bezirken. Alles darf aber nur bei Notwehr eingesetzt werden.

Angesichts der Belastung ist der Krankenstand in den Ordnungsämtern hoch. Berlinweit kamen in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres 11,46 Fehltage auf jeden Mitarbeiter. In Pankow fehlten im Dezember 16,6 Prozent der Außendienstmitarbeiter. Die Tätigkeit sei „wirklich sehr anstrengend“, sagt Stadtrat Marc Schulte aus Charlottenburg-Wilmersdorf. Auch wegen des derzeitigen Wetters sei es „kein Traumjob, täglich acht Stunden Knöllchen zu schreiben“. Dennoch mangelt es nicht an Bewerbern, so gibt es in den Bezirken kaum unbesetzte Stellen.

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