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Ein Sprecher der Initiative «Volksentscheid Berlin autofrei» steht vor der Entscheidungsverkündung des Verfassungsgerichtshofs zur Zulässigkeit der Initiative «Volksentscheid Berlin autofrei» mit einer Weste mit der Aufschrift ·weniger autos mehr berlin· im Gerichtsgebäude.

© dpa/Sebastian Christoph Gollnow

Wirtschaft erschüttert, Aktivisten atmen auf: Die Reaktionen zum „Berlin autofrei“-Urteil

Das Verfassungsgericht hat das Volksbegehren „Berlin autofrei“ für zulässig erklärt. Akteure in der Hauptstadt betrachten die Entscheidung gespalten.

Stand:

Das höchste Gericht Berlins hat am Mittwoch entschieden: Das Vorhaben der Aktivisten von „Berlin autofrei“ ist zulässig. Damit hat das Verfassungsgericht den Weg zu einem Volksentscheid geebnet. Die Aktivisten selbst haben nach eigener Aussage bereits mit dem Urteil gerechnet.

„Wir haben gewonnen, und zwar auf ganzer Linie“, sagt Marie Wagner, Sprecherin der Initiative. Die Zukunft gehöre der Sicherheit, dem Klimaschutz und der Gesundheit der Berlinerinnen und Berliner – und nicht dem hemmungslosen Autoverkehr“, heißt es in der Mitteilung der Aktivisten weiter.

Die Wirtschaft und der Verband für Fußverkehr betrachten das Urteil skeptischer. Letzterer könne die Idee der Initiative zwar verstehen, doch nur eine Minderheit in der Innenstadt fahre mit dem Auto. Wenige seien zu einem Auto gezwungen, „Berlin Autofrei“ strebe nun eine neue Verpflichtung an. Stattdessen sollte Berlin das Autofahren an manchen Stellen schwieriger und teurer gestalten, jedoch nicht gänzlich verbieten, appelliert Roland Stimpel vom Verband Fuss e.V.

Ein schwerer Schlag für die Wirtschaft in der Hauptstadtregion.

Alexander Schirp, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg e.V. (UVB)

Der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg e.V. (UVB), Alexander Schirp, betrachtet das Urteil als schweren Schlag für die Wirtschaft in der Hauptstadtregion: „Unternehmen aus Handel, Gastronomie und vielen anderen Branchen würde ein massiver Umsatzeinbruch drohen, weil Kunden entweder ausbleiben oder auf Online-Angebote ausweichen würden.“

Zudem könne der öffentliche Nahverkehr die 500.000 Pendler in der Hauptstadt nicht transportieren und stellt für die Betroffeneren dementsprechend keine Alternative dar. Auch müssten Unternehmen zusätzliche Anträge stellen, um ihre alltäglichen Fahrten genehmigen zu lassen.

Der Verband Changing Cities wertet die Entscheidung, „Berlin autofrei“ zu einem Volksentscheid zuzulassen, als gutes Zeichen für die Demokratie. „In Zeiten, wo Volksentscheide in der Hauptstadt zunehmend ignoriert werden – siehe das Mobilitätsgesetz, Tempelhofer Feld, Deutsche Wohnen und Co. enteignen – ist das Urteil ein klares Bekenntnis zur Bürger*innenbeteiligung“, heißt es in der Stellungnahme der Verkehrsaktivisten, die unter anderem eine Abstimmung zum ersten Mobilitätsgesetz ins Leben gerufen haben.

„Berlin autofrei“ plant weitgehende Fahrverbote in der Innenstadt

Nach den Plänen von „Berlin autofrei“ sollen nach einer Übergangszeit von vier Jahren fast alle Straßen innerhalb des S-Bahn-Rings mit Ausnahme der Bundesstraßen zu „autoreduzierten Straßen“ erklärt werden. Private Autofahrten sollen pro Person nur bis zu zwölfmal im Jahr möglich sein.

Ausnahmen von dem faktischen Autoverbot soll es demnach für Menschen mit Behinderung, Polizei, Rettungsdienst, Feuerwehr, Müllabfuhr, Taxen sowie Wirtschafts- und Lieferverkehr geben. Das gilt auch für Busse.

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