Berlin: Wo man dann mal hingehen kann
Lebenshilfe von Udo Walz: „Mein Berlin“
Stand:
Wenn sie sich draußen über Berlin lustig machen wollen, werfen sie uns vor, der größte Prominente der Stadt sei ein Friseur, und daran könne man ja schon sehen … Udo Walz entgegnet dann in der Regel, er sei halt ein sehr guter Friseur, eine Kundin zum Beispiel komme alle Vierteljahre aus Ohio, obwohl sie ihre Haare auch in New York machen lassen könne. Und hat er nicht die Karriere von „Frau M.“ beflügelt, die wir in seinen diesbezüglich kargen Anmerkungen unschwer als Bundeskanzlerin erkennen?
Die am innigsten mit der Stadt verwobenen Berliner stammen sowieso aus Schwaben, da macht Udo Walz keine Ausnahme. Und in dieser Rolle musste er wohl so oft die Frage beantworten, wo man denn mal hingehen könne, dass er die Antworten nun in ein Buch münden ließ (Mein Berlin, Knesebeck, 19,95 €), das der Autor Joachim Bessing für ihn aufgeschrieben hat. Walz wäre nicht Walz, enthielte dieses Buch Überraschungen. Ab und zu reckt also das alte West-Berlin seine kalte Hand nach dem Leser, vor allem dort, wo er zu Futterstätten mürber Prominenz wie „Adnan“ oder „Big Window“ geführt wird. Bisweilen reist der Figaro aber auch nach Osten und lobt Dampferfahrten auf der Spree, Potsdam, Borchardt, Quartier 206. Der Mann weiß halt nicht nur zu frisieren, sondern auch zu leben.
Am Mittwochabend wurde gefeiert, passenderweise im schwäbischen „Mink’s“, praktisch Wand an Wand mit dem Walz-Salon. Der Meister gab ein paar Kostproben seiner ganz und gar bescheidenen Unbescheidenheit, sagte Sätze wie „Ich arbeite ja weltweit mit vielen Fotografen“ oder „Da spricht ganz Berlin von“, obwohl zu vermuten ist, dass ganz Berlin in den betreffenden Fällen aus ca. drei hochmögenden Kundinnen des Salons besteht. Ja, draußen werden sie spotten, aber das kann er ab. Am Ende ist er allemal ein wieder etwas berühmterer Friseur.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: