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Berlin: Wohnungsnot lockt Betrüger auf den Markt

Täter werben mit imaginären Traumwohnungen. Jede Woche erscheinen hunderte falsche Angebote im Netz

Drei Zimmer, renovierter Altbau, 112 Quadratmeter und direkt am angesagten Boxhagener Platz in Friedrichshain. Normalerweise ist so eine Wohnung inzwischen für viele unbezahlbar. Und doch wurde genau dieses Angebot vor wenigen Tagen mit dem Hinweis „390 Euro Kaltmiete, ohne Provision“, garniert mit schönen Fotos auf Immobilienscout24.de eingestellt. Die Sache hat nur einen Haken: weder die Wohnung noch der angebliche Inhaber existieren in Wirklichkeit.

Das dubiose Angebot ist kein Einzelfall. Mit der perfiden Masche machen sich Betrüger die rasant steigenden Mietpreise in Szenebezirken zunutze. Unterlegt mit im Web geklauten Bildern, werden die imaginären Wohnungen in idealer Lage zu auffallend günstigen Konditionen angepriesen. Die angegebene Handynummer ist ungültig. Wer aber an die anonyme E-Mailadresse schreibt, bekommt prompt eine Antwort. „Hello, thank you for your reply.“ In gebrochenem Englisch erklärt eine „Maria Uhlm“, dass sie aus beruflichen Gründen nach England ziehen musste und ihre alte Wohnung jetzt schnell vermieten wolle. Den Schlüssel zur Besichtigung inklusive Mietvertrag werde ein Kurierservice nach Berlin bringen, verspricht sie. Als Gegenleistung erwartet „Frau Uhlm“ aber 780 Euro Kaution vorab über den Geldtransferdienst Western Union. Sogar ein Zahlencode für eine nicht existierende Tiefgarage kommt für die Wohnungsbesichtigung per Mail. Wer auf den Trick hereinfällt, wartet vergeblich auf den Schlüssel und sieht sein Geld nie wieder.

Nur einen Tag nachdem das Angebot online ging, ist es schon wieder verschwunden. Stattdessen kommt eine E-Mail von Immobilienscout24 mit der Warnung, dass es sich um eine betrügerische Annonce gehandelt habe. „Aufgrund der uns vorliegenden Erkenntnisse empfehlen wir Ihnen dringend, den Kontakt zu diesem Anbieter abzubrechen und keine Zahlung zu leisten“, heißt es.

„Wir löschen jede Woche rund 200 dieser falschen Angebote“, sagt Immobilienscout-Sprecher Marcus Drost. Neben Hamburg und München sei vor allem Berlin bei den Tätern beliebt. Im Sommer 2009 tauchten die ersten Fälle auf, seither werden es immer mehr. Betroffen sind alle Onlineportale, auf denen Wohnungen angeboten werden. Dutzende Mitarbeiter prüfen und löschen die betrügerischen Annoncen. Doch es ist ein Kampf gegen Windmühlen. Die Schwindler melden sich meist mit einer anderen Mailadresse sofort wieder an. Das Unternehmen hat bereits Anzeige gegen unbekannt erstattet. Zumindest scheint die Anzahl von tatsächlichen Opfern bisher gering zu sein. „Wir hatten nur sehr wenige Nutzer, die sich gemeldet haben“, sagt Drost. Helfen kann das Unternehmen den Betroffen ohnehin nicht. Das Geld bleibt verloren, da Immobilienscout nicht für die Angebote haftbar ist.

Der Polizei ist der Wohnungsschwindel bekannt, aber die anonymen Täter bleiben im Ausland unerreichbar. Bisher konnte niemand gefasst werden. Wie viele Berliner bereits Opfer geworden sind, kann die Polizei nicht sagen. Statistisch tauchen diese Fälle nur in der Sammelrubrik „Sonstiger Betrug“ auf. Davon gab es allein 2009 in Berlin 33 000 erfasste Fälle. „Behauptet der angebliche Wohnungseigentümer, er sei nicht in der Lage die Wohnung persönlich zu zeigen und hat auch keinen Makler oder Verwalter mit der Wohnungsbesichtigung beauftragt, sollte man misstrauisch werden“, sagen die Ermittler. Sie betonen, dass Makler erst dann Gebühren oder eine Provision verlangen dürfen, wenn ein Mietvertrag unterschrieben wurde. Wer das Gefühl hat an einen Betrüger geraten zu sein, soll den Schriftverkehr ausdrucken und Anzeige erstatten. Johannes Radke

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