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Zu hoch: Nach Schätzungen der Wohnungsunternehmen können diese nur fast 1000 Wohnungen weniger fertigstellen, als geplant.

© Jens Kalaene/dpa

Bezahlbarer Wohnraum: Wohnungsunternehmen halten Berlins Bauziele für unerreichbar

Erneuter Rückschlag für Bausenatorin Lompscher: Auch die neuen Ziele im Neubau bezahlbarer Wohnungen können wohl nicht eingehalten werden.

Keine Woche ist vergangen seit dem Geständnis der Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, Katrin Lompscher (Linke), dass der Senat seine Ziele im Neubau bezahlbarer Wohnungen in dieser Legislaturperiode verfehlt. Schon folgt der nächste Tiefschlag: Die Chefs der sechs landeseigenen Wohnungsunternehmen erklärten am Dienstag in einem internen „Jour Fixe“ auch die neuen Ziele für unerreichbar. Der Senat bestätigte die Tagesspiegel-Recherche, will die Korrektur aber nicht hinnehmen.

Turbulent ging der Jour Fixe zu, erst Recht als die Firmenchefs die Wohnungsbauziele der Senatorin infrage stellten: 24.032 Wohnungen könnten sie allenfalls bis Ende der Legislatur in zwei Jahren noch fertig stellen – fast 1000 weniger als Lompscher vor nicht mal einer Woche den von Wohnungsnot und steigenden Mieten geplagten Berlinern versprochen hatte.

Die Stadt wächst und die Zahl der Haushalte schneller als die der Wohnungen. Deshalb steigen die Mieten und sie reißen immer tiefere Löcher in die Haushaltskasse der Berliner, weil deren Einkommen allenfalls geringfügig, jedenfalls langsamer als die Mieten steigen. Da die Deckelung der Mieten aber nicht gelingt, soll der Bau bezahlbarer Wohnungen Abhilfe schaffen. Aber auch der stockt.

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"Wir können und werden nicht zulassen, dass die Neubauzahlen von Quartal zu Quartal gesenkt werden", sagte Sebastian Scheel, Lompschers Staatssekretär für Wohnen auf Anfrage. Verärgert sei er und - ja, es habe ein ernstes Gespräch mit den Firmen-Lenkern über die Neubauziele gegeben. Wie es nun weitergeht? Alle Projekte kommen erneut auf den Prüfstand. Zurückgestellte, kleinteilige Wohnbauvorhaben sollen die Firmen wieder anpacken. Der Staatssekretär fordert einen genauen Stand aller Großvorhaben und will ein engmaschiges Controlling der laufenden Bebauungsplan-Verfahren. "Bis Ende Februar wollen wir hier erste Ergebnisse sehen", sagt Scheel.

Weder der Sprecher der landeseigenen Firmen Jörg Franzen noch der Wohnungsverband BBU wollten sich äußern.

Beobachter erklären die Rückschläge auch mit den Wachstumsschmerzen in der Stadt. So gebe es „Flächenkonkurrenzen" in den Bezirken, die nicht nur Bauland für Wohnungen sondern auch für Kitas und Schulen ausweisen. Scheel ist das bewusst, will in diesen Fällen vermitteln. Wenn es bei größeren Wohnungsbauprojekten mal nicht vorwärts geht, wird die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen notfalls auch mal "Bauvorhaben an uns ziehen".

Spandau hatte der Senat bereits die Zuständigkeit für einen Bebauungsplan entzogen. Dieses Beispiel könnte Schule machen. Die Bezirke hätten "leider noch nicht die in den Bezirksbündnissen vereinbarten Ziele aus dem letzten Jahr erreicht. "Vielleicht ist es ja noch nicht bei allen angekommen, aber wir brauchen diese Wohnungen jetzt.“

Der politische Druck ist enorm. Bereits vergangene Woche hatten der frühere Bausenator, Innensenator Geisel und der Bundestagsabgeordnete Swen Schulz (beide SPD) die Versäumnisse in Berlins Baupolitik beklagt.

Kommt es deshalb also in der kommenden Woche beim Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) zum Krisengespräch? Einen Termin mit den Chefs der landeseigenen Wohnungsbaufirmen, Lompscher und Finanzsenator Matthias Kollatz gibt es. Bei der Senatskanzlei heißt es, es handle sich um ein „wiederkehrendes Gesprächsformat“, das erstmal im November 2017 stattfand. Damals hatten die landeseigenen Firmen gewarnt vor den Hindernissen im Neubau: Durch die aufwendige Bürgerbeteiligung, durch hemmende Verordnungen und Gesetze, „durch viele externe Einflüsse, die wir nicht oder nur im geringem Maße beeinflussen gerät die Erreichung der (Neubau-)Ziele bis 2021 absehbar deutlich in Gefahr“. Die Warnung wurde Wirklichkeit.

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