Berlin: Zahl der Schwänzer in Problemschulen fast verdoppelt
Jeder zehnte Hauptschüler bleibt dem Unterricht fern. Fehlzeiten stiegen auch an allen anderen Schultypen
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An Berlins Schulen ist die Zahl der registrierten Schulschwänzer in den vergangenen zwei Schuljahren wieder gestiegen. Während in den Jahren zuvor die Zahl der abwesenden Schüler abgenommen hatte, nahm sie vom Schuljahr 2004/05 bis 2005/06 an allen Schultypen leicht zu. Das geht aus der aktuellen Fehlzeiten-Statistik der Senatsschulverwaltung hervor, die dem Tagesspiegel vorliegt. Einen besonders starken Anstieg gab es demnach bei den Hauptschulen. Fehlten im Schuljahr 2004/05 Tag für Tag noch elf Prozent aller Hauptschüler im Unterricht, stieg die Quote im vergangenen Schuljahr auf 11,9 Prozent an – knapp die Hälfte davon fehlte unentschuldigt.
Noch dramatischer ist der Anstieg der Schwänzer-Zahlen, wenn man sich ansieht, wie viele der rund 13 000 Hauptschüler in welchen Bezirken die Schule nicht regelmäßig oder gar nicht besuchen. So stieg der Anteil der mehr als 40 Tage abwesenden Schüler an den sechs Hauptschulen im Bezirk Mitte von gut drei auf mehr als fünf Prozent im vergangenen Schuljahr. Das geht aus der Antwort von Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) auf eine Anfrage des CDU-Abgeordneten Sascha Steuer hervor. Das heißt, bei einem Klassendurchschnitt von 17 Schülern fehlt im Bezirk in fast jeder Hauptschulklasse ein Schüler regelmäßig oder kommt gar nicht mehr. In Neukölln und Spandau stieg der Anteil der länger fehlenden Hauptschüler auf vier Prozent, in Treptow-Köpenick und Reinickendorf auf fast 3,5 Prozent. Gesunken ist die Fehlquote in den Hauptschulen unter anderem in Pankow (von rund drei auf 1,7 Prozent) und Steglitz-Zehlendorf (2,7 auf 1,5 Prozent).
An allen anderen Schultypen stieg die Zahl der Schwänzer ebenfalls, wenn auch weniger stark. So fehlten an den Grundschulen laut Schulverwaltung vergangenes Jahr im Schnitt 4,7 Prozent der Schüler (im Vorjahr: 4,1 Prozent). An den Realschulen stieg die Quote von 5 auf 5,3 Prozent, an den Gymnasien von 3,4 auf 3,7 und an den Gesamtschulen von 5,6 auf 5,8 Prozent. Auch an den Sonderschulen stiegen die Werte leicht an.
Die Erklärungen für den Anstieg sind unterschiedlich. Während CDU-Politiker Steuer einen „Rückzug des Staates aus der Durchsetzung der Schulpflicht“ diagnostiziert und in einem Antrag ans Abgeordnetenhaus fordert: „Schulpflicht durchsetzen“, erklärt die Sprecherin von Schulsenator Zöllner, Bärbel Schubert, den Anstieg auch damit, dass fehlende Schüler aufmerksamer registriert werden. Einig sind sich Verwaltung und Opposition in der Einschätzung, dass die registrierten Zahlen von Schwänzern nur einen Teil der Realität zeigen. So erfuhr Steuer bei einer Tour durch mehrere Hauptschulen, dass in manchen Klassen jeder fünfte Schüler dauerhaft fehlt, aber die Lehrer dies oft nicht offiziell meldeten. Den Vorwurf der CDU, der Staat setze die Schulpflicht nicht mehr durch, wies Zöllner-Sprecherin Schubert zurück. Die Verwaltung habe die Schulen schriftlich darüber informiert, wie zusammen mit Jugendamt und Jugendhilfe Schwänzer wieder in die Schule geholt werden sollen.
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