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Berlin: Zugelassene Böller dürfen keine Finger abreißen Die BAM prüft jedes Modell:

Acht Knaller wurden 2002 verboten

Besonders gefährliche Böller und Kracher sollen künftig nicht mehr zugelassen werden, fordern Innensenator Ehrhart Körting (SPD) und Feuerwehrchef Albrecht Broemme. „So einfach geht das nicht“, heißt es bei der Bundesanstalt für Materialprüfung (BAM) Unter den Eichen in Zehlendorf. Sie muss alle legalen Böller genehmigen, ihre Kriterien sind dabei das Bundessprengstoffgesetz und die Sprengstoffverordnung – und nicht die Vorschriften eines Landes.

Dabei kann auch nachträglich Böllern die Zulassung entzogen werden, sagte BAMLaborleiter Lutz Kurth. Im vergangenen Jahr verbot die Bundesanstalt nach Unfällen acht Modelle. Sie entsprachen nicht mehr den Zulassungsbedingungen der Bundesanstalt. Offenbar war die Zusammensetzung der fast ausschließlich in Asien produzierten Kracher verändert worden. Jede Firma und jeder Importeur von Pyrotechnik muss seine Muster von der BAM prüfen lassen, bevor der Böller oder die Rakete im Laden verkauft werden dürfen. Die Zutaten für jeden Knallfrosch und Schwärmer sind gesetzlich geregelt. Mehr als sechs Gramm Schwarzpulver dürfen sie nicht enthalten. Eine erteilte Zulassung gilt auf Dauer.

„Wer sich bei den Krachern an die Gebrauchsanweisung hält, dem kann eigentlich kaum etwas passieren“, sagte Kurth. Die meisten Verletzungen in der Silvesternacht passieren, weil nach Broemmes Erfahrungen viel Unfug mit Feuerwerkskörpern getrieben wird. Böller, die die „Gefahr des Missbrauchs bergen“ sollten laut Körting deshalb verboten werden. Versuche der BAM zeigten, dass die in Deutschland zugelassenen Kracher bei einer Explosion in der Hand zwar schwere Verbrennungen verursachen, aber keine Finger abgerissen werden. Verbotene Böller aus Polen mit stärkerer Ladung sprengten bei dem Versuch die Finger der simulierten Hand ab.

Man werde über jeden Unfall mit Feuerwerk, bei dem die Polizei ermittle, informiert, sagte Kurth. 2001 wurden aus dem ganzen Bundesgebiet zwölf solche Unfälle gemeldet. Dieses Jahr gab es noch keine Meldungen, auch die Berliner Polizei ermittelt in keinem Fall. Feuerwehrchef Broemme hatte nach Silvester die hohe Zahl von 564 Verletzten und 507 Bränden beklagt.

Bisher gibt es in Europa noch kein einheitliches Recht für Feuerwerkskörper. So hat Spanien andere Bestimmungen als Italien und Österreich, und alle dort erlaubten Silvesterknaller sind in Deutschland verboten – weil von der BAM nicht zugelassen. Jährlich werden Zulassungen für 200 bis 250 neue Knaller, Böller, Kracher und Raketen bei der BAM beantragt. Nur 114 haben sie im Jahr 2002 auch erhalten. Landet ein Muster auf Kurths Schreibtisch, wird es auseinander genommen: Die Dicke der Verpackung wird gemessen, die Pulverladung gewogen und analysiert. Die Lautstärke bei der Explosion wird gemessen: Sie darf acht Meter entfernt nicht lauter als 120 Dezibel sein. Zum Vergleich: Ein startendes Düsenflugzeug verursacht 145 Dezibel, ein vorbeifahrender LKW etwa 85. Es wird gemessen, wie lange die Zündschnur brennt und wie hoch die Raketen fliegen – höher als 100 Meter dürfen sie nicht. Silvesterfeuerwerk für Deutschland muss 50 Grad Hitze überstehen, es wird zwei Stunden lang gerüttelt, und es muss den Schlagtest bestehen, ohne zu explodieren. weso

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