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Berlin: Zwei Herzen im Dreivierteltakt Katharina Thalbach und Andreja Schneider turteln in der Bar jeder Vernunft auf einer Parkbank

„Wisst ihr, wie die Stelle am Klavier hier heißt?“, ruft Andreja Schneider ins Spiegelzelt und schmiegt sich lasziv in die Flügelkurve.

„Wisst ihr, wie die Stelle am Klavier hier heißt?“, ruft Andreja Schneider ins Spiegelzelt und schmiegt sich lasziv in die Flügelkurve. Kollegin Thalbach und die Musiker schütteln die Köpfe. „Chansonettenkuhle!“, punktet Schneider und streicht freudig die Lacher ein.

Bei der Entertainertruppe, die in der Bar jeder Vernunft am Dienstag „Zwei auf einer Bank“ uraufführt, müssen auch die internen Probenpointen sitzen. Katharina Thalbach ist immerhin eine der wichtigsten deutschen Schauspielerinnen und Regisseurinnen. Andreja Schneider das mit Balkanakzent zu Ruhm gekommene kroatische Fräulein der Geschwister Pfister. Und Christoph Israel, dessen Sextett die Lieblingslieder der Ladies musikalisch begleitet, hat als Pianist schon mit Max Raabe oder Dominique Horwitz brilliert.

Sieht lustig aus, wie sich die Thalbach auf Zehenspitzen stellt, um die zwei Köpfe größere Schneider anzuschmachten. Kathi, wie sie alle bei der Probe nennen, spielt in dieser musikalischen Romanze nämlich den Kerl. Sie habe so ein raues Timbre wie Tom Waits, lobt Andreja Schneider, und Thalbach brummt daraufhin „Danke, Baby!“ und küsst ihr ziemlich männlich die Hand.

Loreley und Joachim heißt das komisch-melancholische Parkbank-Pärchen, das sich die beiden Charlottenburgerinnen in ihrer Stammschenke „Diener“ in der Grolmanstraße selbst ausgedacht haben. Zuerst waren wie zufällig Lieblingslieder da: Schlager, Volkslieder, Operettenmelodien und Popsongs von 1900 bis heute, die Schneider und Thalbach immer mal singen wollten. „Zwei auf einer Bank“ beispielsweise ist ein Sixties-Hit von Heinz Gietz, den einst Rex Gildo und Gitte Haenning trällerten. Und aus den Liedern entstand die gesungene und gespielte Geschichte der schicksalhaften Begegnung eines späten Mädchens, das wie verrückt ans Glück glaubt, und eines lebensmüden Verlierers. Eine gefühlsselige Kombination, der die Musiker mit schmelzenden Streichern, perlender Konzertharfe und coolem Salonjazzpiano Herz und Rhythmus geben.

Die Idee, mal zusammen ein Musikprogramm auszuhecken, gäbe es seit Jahren, erzählen Schneider und Thalbach, die sich sogar schon mal eine Schauspielrolle geteilt haben. Den Anstoß zu „Zwei auf einer Bank“ gab Schneider, die die Bar jeder Vernunft und Arrangeur Christoph Israel ins Boot holte „und mir vor einem Dreivierteljahr den Termin gesetzt hat“, sagt Thalbach. Der ist trotz ihres munteren Chargierens, Walzertanzens und Turtelns bei der Probe schon ein bisschen Unruhe anzumerken. Trotz vieler Operninszenierungen und gesungener Schauspielparts ist das hier ihr erster eigener Gesangsabend. „Andreja hat mich verführt, mal umzusteigen“, sagt sie. „Genau, ich defloriere sie“, flachst Schneider zurück.

Dann gibt’s ein Geplänkel mit den Musikern, von denen einer fürchtet, sich mit dem von Christoph Israel gewünschten Glockenspiel-Geplingel zum „Vollhorst“ zu machen. Andreja Schneider beruhigt ihn: Mehr als sie mit ihrer Tuba könne sich keiner zum Vollhorst machen. Die Tröte hatte sie in schon für die grandiose Operettenproduktion „Im weißen Rössl“ spielen gelernt. „Damals habe ich mich unsterblich in Andreja verliebt“, bekennt Thalbach mit treuherzigem Augenaufschlag. Die zehn Jahre jüngere Schneider will nicht nachstehen: Sie liebe Thalbach, seit sie sie vor 30 Jahren als Schülerin in Köln als Käthchen von Heilbronn gesehen habe. Bei so viel Hingabe kann nichts mehr schiefgehen. Gunda Bartels

„Zwei auf einer Bank“ läuft bis 13. Juli in der Bar jeder Vernunft, Schaperstr. 24, Wilmersdorf. Karten ab 24,50 Euro unter der Telefonnummer 883 15 82.

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