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Bocciaspieler aus dem Irak

© IMAGO/ZUMA Wire

Boccia bei den Special Olympics World Games: Pallino, Balance, höchste Konzentration

Im Boccia stehen die ersten die Medaillenentscheidungen an. In der Sportart geht es in der Klassifizierung noch um Genauigkeit. Es wird geworfen, gemessen, dokumentiert. Und gejubelt.

Von Claudia Kleist

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Unter dem strengen Blick ihrer Trainerin geben die beiden Boccia-Athleten aus dem Irak ihr Bestes. Der eine von ihnen stützt sich auf eine Krücke, sein rechtes Bein zittert vor Anstrengung (Bild oben). Dann findet er seine Balance, fixiert den Pallino und schafft es, eine zweite seiner insgesamt acht Kugeln dicht daran zu platzieren.

Mit einem zufriedenen Seufzer lässt er sich anschließend auf dem Stuhl am Spielfeldrand nieder. Sein Teamkollege umarmt ihn, die Volunteers schütteln dem irakischen Athleten die Hand. Diese faire und freundschaftliche Geste wiederholt sich bei jeder Runde.

Auf Bahn vier treffen am Sonntagnachmittag die Teams aus Irak und Island aufeinander. Für die Athlet*innen mit Lernbeeinträchtigungen und mehrfacher Behinderung ist es im Boccia Tag eins der Weltspiele von Special Olympics in Berlin.

Es beginnen die Klassifizierungs-Wettbewerbe, um für die Finalspiele in der Halle 5.2 unter dem Funkturm gleich starke Gruppen zu bilden. Hier spielen die Teams dann direkt gegeneinander, nach einer Gruppenphase folgen die Finals.

Pallino, die kleine, weiße Kugel, 60 Gramm schwer, steht bei den Boccia-Duellen im Mittelpunkt und wird zu Beginn auf dem Spielfeld positioniert. Boccia ist die italienische Variante des bekannten französischen Kugelspiels Boule und gehört bei den Weltspielen von Special Olympics seit 1991 zum Programm.

In der Klassifizierung geht es für die einzelnen Spieler der Teams nacheinander darum, die acht großen Spielkugeln mit verschiedenen Techniken so nah wie möglich am Pallino zu platzieren. Dann kommen die Offiziellen mit ihrem Maßband und messen die Abstände, alles wird dokumentiert.

Die Spielfelder sind in der Messehalle in zwei Bereiche aufgeteilt. Irak und Island spielen vor einer gut besuchten Tribüne. Die kleine Bande, die jedes der Spielfelder umgrenzt, lässt sich leicht öffnen, damit für die Teilnehmenden keine Barriere entsteht.

Dann werden die Athlet*innen aus Island in ihren Rollstühlen nacheinander von Volunteers auf den Platz geschoben. Sie stemmen sich hoch, fixieren den kleinen weißen Punkt auf dem blauen Spielfeld und bringen die glänzenden Bocciakugeln ins Spiel. Birgir Orn Vidarsson reckt beide Arme in die Höhe: Seine Kugeln liegen besonders nah am Pallino. Die Trainerin von Island ist auch mit ihrem zweiten Schützling, Hildur Sigureirsdottir, mehr als zufrieden.

Birgir Orn Vidarsson ist zufrieden mit seinem Auftritt.

© LOC/Marvin Ibo Güngör

Sie wird nach dem Spiel von vielen Familienmitgliedern erwartet und posiert mit ihnen vor einer Fotowand. Fragen wolle Sigureirsdottir keine beantworten, sagt die Trainerin: „Aber Vidarsson bestimmt.“ Ob er sich in Berlin eine Medaille erhofft? „Ich mag jetzt aber nichts sagen“, entgegnet er. Seine Trainerin lacht: „Birgir, das gehört aber zu Deinem Job hier.“ – „Na gut“, sagt Vidarsson dann und grinst: „Ja, ich möchte eine Medaille gewinnen. Am besten Gold!“

Hinweis: Die Veranstalter*innen der Weltspiele sprechen von „Athlet*innen mit geistiger und mehrfacher Behinderung“. Wir haben uns innerhalb des Reporterteams auf die Bezeichnung „Athlet*innen mit Lernbeeinträchtigungen“ verständigt. So schlägt es auch Jürgen Dusel vor, der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Beeinträchtigung.

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