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Habeck, damals noch Grünen-Vorsitzender, wollte seine Partei gern vom Anti-Gentechnik-Dogma wegbringen

© dpa/Kay Nietfeld

Debatte über grüne Gentechnik: Wider besserer Vernunft

Grüne wehren sich reflexhaft gegen den Einsatz neuester Gentechnikmethoden in der Landwirtschaft. Das ist falsch - die Partei war schon mal weiter.

Valerie Höhne
Ein Kommentar von Valerie Höhne

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Gerade einmal zwei Jahre ist es her, da schrieb der damalige Grünen-Vorsitzende Robert Habeck gemeinsam mit seinem Parteifreund Kai Gehring in einem Gastbeitrag für diese Zeitung, man sei an einem Punkt angekommen, in dem sich Krisen „so sehr verschärft haben, dass wir neue Lösungen nicht prinzipiell und von vornerein ausschließen können“. Er bezog sich damals auf die modernsten Methoden der Gentechnik, zum Beispiel die Genschere Crispr/Cas9.

Es ist schade, dass die Grünen Habeck in seinem Ruf nicht folgten. Denn nun machen sie, darunter die Leitung des Umweltministeriums, genau das, wovor Habeck gewarnt hat: Sie verweigern sich einer Lösung, vor allem, so wirkt es, weil ihnen das Wort Gentechnik nicht passt.

Es wirkt, als sei Gentechnik per se böse

Dabei braucht es neue Regeln in der Europäischen Union zur modernen Gentechnik. Ansonsten droht die EU ins Hintertreffen zu geraten, bei Forschung und Züchtung neuer Pflanzen. Denn dass Genscheren die Gentechnik revolutioniert haben, ist offenkundig. Manch einer will in dem Zusammenhang nicht einmal mehr von Gentechnik sprechen, so präzise sind die Instrumente inzwischen. In der EU aber droht die Revolution wegen der strengen Regulierung still zu stehen. Wandern Forscherinnen und Forscher ins Ausland ab, sollte das niemanden wundern.

Es sind nicht nur die strengen Regeln, es ist auch das Bild, das sich von Gentechnik in der Bevölkerung durchzusetzen droht: als etwas, das mit Argwohn betrachtet werden muss. Etwas, das per se böse ist. Dabei könnten Pflanzen, die mit Genscheren verändert oder gezüchtet wurden, im Kampf gegen die Klimakrise helfen. Das klingt wie eine Utopie, aber sie könnte schnell Wirklichkeit werden.

Es wäre ein Desaster, wenn die Europäische Union ihren Anspruch als Forschungsstandort und als Ort der Innovation aufgeben würde, schlicht, weil diejenigen, die sie regieren, zu viel Angst vor neuen Techniken haben. Habeck und Gehring schrieben damals, man müsse „Potenziale und Gefahren“ abwägen. „Aber nicht geleitet von Angst, sondern von Fakten, Werten und Zuversicht“. Die Partei täte gut daran, sich an diese Worte zu erinnern.

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