zum Hauptinhalt

Berlin Fashion Week: Die Butter vom Brot - es geht auch ohne Bread & Butter

Volle Hallen bei den Messen Seek und Bright. So richtig vermisst die Bread & Butter kaum jemand. Viele Marken haben längst eine neue Heimat bei der Berliner Modewoche gefunden.

Weiße Anglermütze aus Frottee, grauer Kunstpelz und gelbe Lackturnschuhe. Buntes Modevolk steht schon am Morgen in der Brunnenstraße vor dem ehemaligen Warenhaus Jandorf und vor der Arena in Treptow an. Langes Warten wird hier gern in Kauf genommen, denn hinter den zahlreichen Tresen mit Scannern, Jutebeuteln und Tickets, warten etliche Aussteller, die bis 21. Januar ihre Kollektion der kommenden Wintersaison präsentieren. Also eigentlich alles wie immer. Nur ohne die Bread & Butter im stillgelegten Flughafengebäude Berlin Tempelhof. Diese findet dieses Jahr erstmalig in kleinerem Rahmen und in kleineren Räumlichkeiten statt. Für viele Aussteller und Kunden bedeutet dies ein Umzug auf andere Modemessen. Doch dies scheint viele nicht zu stören.

„Wir waren seit zwei Jahren mit der Bread & Butter nicht mehr so glücklich, weil wir erstens nicht genau wussten, in welche Halle wir am besten passen und zweitens, weil die Besucherzahlen in unserem Bereich verloren gingen“, sagt der Schweizer Paolo Plazza, Vertriebschef bei Carhartt. Der US-amerikanische Bekleidungshersteller ist gleich auf beide Messen ausgewichen: auf die Bright und die Seek.

Viele Männer auf der Bright

Erste befindet sich im ehemaligen Warenhaus Jandorf in Mitte und erstreckt sich über drei rohe, betonierte Etagen. Hauptsächlich Streetwear und Mode für Skater wird hier auf etwa 6.500 Quadratmetern Gewerbefläche präsentiert. Wer als Besucher ohne Mütze oder Basecap auftaucht, fällt auf. Zumal selbst die Mitarbeiterinnen am Eingang einen Anglerhut tragen. Wem also die passende Kopfbedeckung fehlt, der kann sich im Erdgeschoss auf einem Coiffeurstuhl am Stand von Aono x einen neuen Haarschnitt verpassen lassen.

Vor allem viele junge Männer zählen zu den Besuchern der Bright. Sie durchstöbern die Kleiderständer, auf denen dieses Jahr vor allem gemusterte, ausgefallene T-Shirts hängen, sie ertasten die Qualität der Stoffe oder suchen das direkte Gespräch mit den Ausstellern. Am ersten Tag der Fashion Week ist die Stimmung jedenfalls locker und die Neugier groß. Auffällig sind auch die farbenprächtigen Sneaker und zahlreichen Pudelmützen, doch auch kleine Dinge fallen auf: Am Stand von Icon Brand werden unter anderem Armbänder für Männer präsentiert. Ted Chaisson ist Kreativdirektor des 2008 gegründeten Labels. Dass die Bread & Butter dieses Jahr nicht wie gewohnt stattfindet, sieht er positiv und glaubt, dass die Bright ein besserer Rahmen für seine Mode ist.

Was für viele Aussteller positiv ist, bedeutet für den Einkäufer nun meist weitere Wege: „Vorher war es praktischer. Ich gehe jetzt nur zur Bright und zur Seek, den Rest spare ich mir“, sagt Adrian Berger von Gebäude Sieben aus Recklinghausen, der Mode der kommenden Saison für seinen Laden sucht. „Früher war’s auf jeden Fall besser.“

Wem die Bright zu knallig ist, der ist auf er Seek besser aufgehoben

Wem die Bright zu knallig und sportlich ist, der findet auf der Seek etwas ruhigere, sorgfältig ausgesuchte Gegenwartsmode bei über 250 Ausstellern. Allein die einheitliche, hölzerne Einrichtung der Aussteller und die industrielle Architektur der Arena Berlin in der Eichenstrasse 4 sorgen bereits für eine besonnenere Atmosphäre. Keine großen, allseits gegenwärtigen Labels weisen den Weg über die Messe. Seit 2009 findet die Modemesse zweimal im Jahr zur Fashion Week statt. Im Fokus der Seek stehen die Authentizität traditioneller Labels, aber eben auch neue Ideen junger Modeschöpfer. So findet man am Stand von Kerbholz beispielsweise Brillen aus Holz und Quarz, Graphit oder Schiefer. Ganz natürliches Bling Bling also und etwas Neues. „Wir waren vorher auf der Premium, sind jetzt aber hier, weil wir dort in der Accessoires-Halle standen und wir uns da nicht ganz wohl gefühlt haben. Bread & Butter war kein Thema für uns, weil es eher eine Show war, wo viel Publikum hingekommen ist, aber wenig Aufträge geschrieben wurden“, sagt Nils Niendieker von Kerbholz.

Nicht nur die Mode ist hier sorgfältig ausgesucht. Auch das Essen. Auf einem eigenen „Food Market“ kann der Gast zwischen Allgäuer Käsespätzle, Fleischbällchen oder Sandwich mit Apfelsauerkraut wählen. Große Leuchtbuchstaben weisen den Weg dort hin. Und auch zum Kaffee danach.

Ein faszinierter Einkäufer ist Hans Weifenbach, der Inhaber des Ladens Jacuzzi in der Rosenthaler Straße in Berlin Mitte. Er vermisst die Bread & Butter keineswegs. „Die Bread & Butter war tot“, sagt er. Sie hatte nichts mehr mit Fashion und ausgewählten Marken zu tun. Sie war ja nur noch Mainstream und uninteressant. Wir sind da gar nicht mehr hingegangen. Aber es ist schade, wenn man weiß, wie sie am Anfang war.“

Damals sei das noch eine große Modeparty gewesen, auf der man interessante Leute habe treffen können. „Zum Schluss war es nur noch Kommerz“, sagt Hans Weifenbach.

Merle Collet

Zur Startseite