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Datenmissbrauch: Ein Wettlauf gegen die Zeit

Es ist eine noch befremdliche Vorstellung. Das Handy übermittelt dem Fernseher zu Hause einen kleinen Überblick darüber, welche Themen auf Internetseiten den Nutzer in den vergangenen Tagen interessiert haben.

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Es ist eine noch befremdliche Vorstellung. Das Handy übermittelt dem Fernseher zu Hause einen kleinen Überblick darüber, welche Themen auf Internetseiten den Nutzer in den vergangenen Tagen interessiert haben. Zusätzlich merkt sich der Speicher des Bildschirms die letzten fünf Google-Suchen. Im Gegenzug serviert das Gerät dann ein scheinbar maßgeschneidertes Fernsehprogramm, samt Werbung.

Wer solcherlei künftig prinzipiell nicht mitmacht, prognostizieren Trendforscher, wird von der Moderne abgehängt. So wie diejenigen, die noch immer der E-Mail ihr Vertrauen nicht schenken wollen. In Denkfabriken entwickeln Trendforscher und Innovationsmanager aus der Wirtschaft längst Visionen für eine Zukunft, die den Datenfluss heutiger Prägung wie Lochkarten-Systeme anmuten lassen – vom individuellen TV- Programm bis zu jenen saftigen Erdbeeren, die im Supermarkt einen digitalen Gruß senden und die Bezahlung gleich mitorganisieren.

Die Probleme mit der Datenkontrolle indes, die nicht nur das eigene Konto vor missbräuchlichen Abbuchungen schützen soll, sondern auch die Souveränität des digitalen Bürgers ausmacht, lassen sich mit den geltenden Gesetzen nicht in den Griff bekommen. Leider auch nicht mit jenen, die die große Koalition derzeit vorbereitet. Dafür kann die Bundesregierung etwas. Zumindest könnte sie etwas dafür tun, dass dem überaus praktischen, bequemen und modernen Datenfluss ein ebenso moderner Datenschutz an die Seite gestellt wird. Aber das kostet Geld, ziemlich viel Hirnschmalz und zukunftsweisende Ressourcensteuerung.

Schon dem schlicht kriminellen Missbrauch von Kontodaten wäre vonseiten der Strafverfolgung weitaus mehr entgegenzusetzen. Geldinstitute könnten auf transparentere Weise moderne Verifizierungsverfahren zu einem entscheidenden Qualitätsmerkmal aufbauen. Von politischer Seite bedürfte es dafür ermunternder gesetzlicher Vorgaben. Vor allem aber, darin sind sich Trendforscher und Datenschützer selten einig, muss in die Forschung investiert werden.

In der Wirtschaft werden derzeit verschiedene Verfahren zur Sicherung der digitalen Identität diskutiert. Eine Variante wäre eine Zentralstelle, die allein über die Datenprofile der Bürger verfügt, hier allerdings besteht Manipulationsgefahr. Die Entwicklung einer Technologie, die es ermöglicht, persönliche Daten ohne Speicherung nur für die einmalige Nutzung freizugeben, ist in Wirtschaftskreisen deshalb offenbar der Favorit. Datenschützer forschen zudem intensiv an einem ergänzenden System, das um den Begriff des „Identitätsmanagements“ kreist. Im Kern geht es darum, dass der Mensch für seine Datenflüsse unterschiedliche Pseudonyme und Identifizierungen verwendet. Auch solche, die zeitbegrenzt oder zweckgebunden wären. In der entschlossenen Förderung und Entwicklung derartiger Technologien läge gesellschaftliches und zugleich wirtschaftliches Innovationspotenzial für das Land.

Dass derlei möglich ist, zeigen Initiativen der großen Koalition selbst: Zum einen der E-Personalausweis. Mit ihm wird der Weg des modernen Identitätsmanagements schon beschritten. Zum anderen haben Innen- und Forschungsministerium eine Kooperation zur IT-Sicherheit vereinbart. Das Schneckentempo allerdings, das die Regierung bei ihren Projekten zum Datenschutz vorlegt, wird den Vorsprung der technologischen Entwicklung im Datenfluss eher vergrößern.

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